Pfeile schwirren von Schiff zu Schiff, Speere bohren sich in die Körper der Krieger, im Wasser treiben die Leichen der Gefallenen. Nach dem Bericht und den Bildern zu urteilen, die Ramses III. an seinem Totentempel in Medinet Habu anbringen ließ, entledigte sich der Pharao in einer schweren Schlacht seiner Feinde – einer wilden Barbarenhorde, die mit Kind und Kegel Ägypten überfiel. Die Invasoren gingen als “Seevölker” in die Geschichtsbücher ein, allerdings haben nicht die Ägypter diesen Begriff geschaffen, sondern neuzeitliche Historiker. In seinem Schlachtenprotokoll erwähnt Ramses fünf Volksgruppen: Peleset, Tjeker, Schekelesch, Danuna und Weschesch.
Lange Zeit galten sie auch als Urheber des Zusammenbruchs um 1200 v.Chr. Doch Herkunft und Identität der Seevölker sind unter Forschern umstritten und ihre Rolle als Vertilger der Zivilisation ebenso. Historiker werten den Seevölkersturm heute in vielerlei Hinsicht als geschichtswissenschaftliches Konstrukt, genährt von den Ideen des frühen 20. Jahrhunderts, etwa gewaltsamer Expansion und Kolonialismus.
Die Seevölker selbst hinterließen keinerlei Zeugnisse. Einzig die ägyptische Inschrift am Totentempel von Medinet Habu nennt die Eindringlinge sowie vereinzelte Quellen aus der Regierungszeit von Merenptah, dem Sohn Ramses II. Schon um 1207 v.Chr. waren offenbar Gruppen “aus Ländern des Meeres” gekommen. Von den Volksnamen haben Forscher nur die Peleset recht sicher als Philister identifiziert, alle anderen Namen sind Mutmaßungen. Die Schekelesch etwa werden mit Sardinien oder Sizilien in Verbindung gebracht. Aber es ist fraglich, ob sie aus dem Westen kamen oder dorthin gingen und dem Ort ihren Namen verliehen.