“Dunkle Energie” ist ein 1998 von dem amerikanischen Kosmologen Michael Turner geprägter Sammelbegriff für ein Naturphänomen, das so rätselhaft wie dominant ist: 72,3 Prozent der gesamten Energiedichte des Weltalls werden von der Dunklen Energie geliefert. Nur ein gutes Viertel entfällt auf die Materie.
Die einfachste Erklärung für die Dunkle Energie ist die Kosmologische Konstante, abgekürzt mit dem griechischen Buchstaben Lambda (L). Sie steckt in den Feldgleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie und wurde 1917 von Albert Einstein als eine Naturkonstante eingeführt. Allerdings dachte er bereits einige Jahre später, dass der Wert von L Null ist.
Seither gab es viele theoretische Überlegungen zur Kosmologischen Konstante. Nicht zuletzt Wolfgang Priester, Astrophysik-Professor an der Universität Bonn, und seine Kollegen haben ab Ende der 1980er-Jahre immer wieder betont, dass L nicht von vornherein auf Null gesetzt werden darf, sondern eine empirische Größe ist, also gemessen werden muss. Der amerikanische Physiker und Kosmologe Craig Hogan hatte das noch Mitte der 1990er-Jahre als “outrageous” attackiert, als haarsträubend. Heute gehört er zu den führenden Verfechtern der Dunklen Energie.
L hat eine besondere Eigenschaft: Ihr Wert ist in Raum und Zeit stets derselbe. Und der stellt Physiker seit Jahrzehnten vor ein großes Rätsel. Zum einen müsste er nach allgemein akzeptierter Abschätzung etwa 10120 Mal größer sein, als er tatsächlich ist – (1010 Gigaelektronenvolt)4 statt (10–3 Elektronenvolt)4. Das ist die größte Diskrepanz in der Geschichte der Theoretischen Physik. Wenn die Kosmologische Konstante allerdings so groß wäre, müsste sich der Weltraum so schnell ausdehnen, dass Galaxien niemals hätten entstehen können. Sehr seltsam – und äußerst unwahrscheinlich – ist aber auch, dass L heute gerade die Größenordnung der Materiedichte hat.
Obwohl es noch wesentlich exotischere Kandidaten als L zur Erklärung der Dunklen Energie gibt, sind die bisherigen Messungen sehr gut mit der Kosmologischen Konstanten vereinbar. Ihre Einführung hat Albert Einstein 1931 als “die größte Eselei” seines Lebens bereut – ziemlich voreilig aus heutiger Sicht.