Genau diese Nervenzellen verursachen auch die Euphorie, wenn ein komplizierter Zusammenhang verstanden oder ein komplexes Kunstwerk betrachtet wird, schließt Biederman aus einer Reihe von Untersuchungen an Freiwilligen. Dabei wurden die Hirnzellen beispielsweise besonders stark aktiviert, wenn ein Proband zum ersten Mal vor einem Bild stand, das ihn sehr faszinierte. Je häufiger sich der Betreffende jedoch das Bild ansah, desto geringer wurde die Faszination ? und desto weniger aktiv waren die mit den Opiat-Andockstellen ausgestatteten Hirnregionen.
Biederman vermutet, dass dieser Vorliebe für Neues ein Mechanismus namens kompetitives Lernen zugrunde liegt: Beim ersten Betrachten reagieren viele Nervenzellen auf das Bild, manche davon sehr stark, andere eher schwächer. Wird das Bild wiederholt, verstärken sich die Verbindungen zu den stark reagierenden Zellen. Gleichzeitig werden die schwächer aktivierten Zellen vollständig blockiert ? und das verursacht insgesamt eine Verminderung der Nervenaktivität und damit auch eine Verminderung der Opiatwirkung. Das starke Hochgefühl beim ersten Anblick des Bildes kann demnach nur wieder heraufbeschworen werden, wenn ein anderes Bild angeschaut wird.
Das gelte wahrscheinlich nicht nur für das Sehzentrum, sondern auch für Erfahrungen mit anderen Sinnen, vermutet Biederman. “Das System ist so entworfen, dass die Rate, mit der man sich neues, interpretierbares Wissen aneignet, maximiert wird. Hat man eine solche Information einmal erfasst, verbringt man seine Zeit am besten damit, etwas anderes zu lernen”, erklärt der Forscher.