Bienen sind für die Bestäubung unverzichtbar – doch den pelzigen Fluginsekten geht es schlecht. Welche Wildbienen in Deutschland gefährdet sind und warum, haben nun Biologen näher untersucht. Ihr Ergebnis: Besonders bedroht sind Wildbienen auf dem Land, die im Spätsommer nach Futter suchen. Denn dann finden sie in unserer intensiv bewirtschafteten Agrarlandschaft kaum noch Blüten und müssen hungern.
Ohne Bestäubung geht es nicht: Damit Pflanzen sich fortpflanzen können, muss ihr Pollen auf andere Blüten übertragen werden – und zu den wichtigsten Helfern dafür gehören Wildbienen. Sie sammeln wie die Honigbienen Nektar und Blütenstaub, sind aber bei der Bestäubung oft effektiver als ihre domestizierten Verwandten. Hummeln etwa besuchen im gleichen Zeitraum rund drei- bis fünfmal mehr Blüten.
Die Hälfte ist akut bedroht
Doch den Wildbienen geht es wie vielen anderen fliegenden Insekten nicht gut: Von den über 500 Wildbienenarten in Deutschland sind mehr als die Hälfte bedroht oder lokal sogar schon ausgestorben. “Allgemein scheint die Artenvielfalt von Bienen aufgrund der intensiven Landwirtschaft und des verstärkten Einsatzes von Pestiziden, die sich beide negativ auf Nahrungsquellen und Nistmöglichkeiten auswirken, rückläufig zu sein”, sagt Susanne Renner von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München.
Welche Wildbienen in Deutschland besonders betroffen sind und welche Faktoren dafür verantwortlich sind, haben Renner und ihr Team nun untersucht. Für ihre Studie haben die Biologen den Gefährdungsstatus von 445 der 561 in Deutschland bekannten Bienenarten mithilfe der Roten Liste ausgewertet und diesen dann mit Eigenschaften der einzelnen Bienenarten verknüpft. “Auf der Basis dieser Daten haben wir untersucht, welche artspezifischen Eigenschaften – etwa Habitatwahl, Pollen-Spezialisierung, Körpergröße, Nistplatzwahl, Dauer der Flugaktivität und Zeitpunkt des Auftretens während der Saison – statistisch den Gefährdungsstatus beziehungsweise das Aussterben einer Art voraussagen”, erklärt Renner.
Hunger durch fehlende Blütennahrung im Spätsommer
Das Ergebnis: Entgegen den Erwartungen machte es kaum einen Unterschied, ob die Bienenart nur auf bestimmte Blüten spezialisiert war oder aber kaum wählerisch. Dafür fanden die Wissenschaftler einen anderen Zusammenhang: “Zwei Faktoren waren extrem stark mit einer Gefährdung korreliert: Die Habitatpräferenz –, also die Spezialisierung auf einen Lebensraum – und eine Flugzeit erst im Spätsommer”, berichtet Erstautorin Michaela Hofmann von der LMU München. Demnach ist das Bienenvorkommen in den Städten vergleichsweise stabil und auch Bienen, die im Frühling ausfliegen, gelten als nicht gefährdet.
Anders dagegen sieht dies bei Wildbienenarten auf dem Land aus: Ihre Bestände sind stark zurückgegangen, wie die Forscher berichten. Dies gilt vor allem dann, wenn die Bienenarten zu den erst spät im Jahr ausfliegenden Spezies gehören, wie beispielsweise die Zahntrost-Sägehornbiene (Melitta tricincta). Den Grund vermuten Hofmann und ihre Kollegen in einem gravierenden Nahrungsmangel: “Landwirtschaftlich intensiv genutzte Flächen sind im Spätsommer von Blüten ausgeräumt, während es im Frühling wenigstens noch Massenpflanzen wie Raps und blühende Obstplantagen gibt”, sagt Renner.
Nach Ansicht der Wissenschaftler ist es daher besonders wichtig, künftig verstärkt umweltfreundlichere Anbaumethoden zu fördern. Helfen würden beispielsweise eine seltenere Mahd, die Anlage von Blühstreifen oder das Stehenlassen von Ackerrandstreifen mit Ackerunkräutern. “Aber auch Hobbygärtner können jetzt schon Bienen helfen, indem sie auf vielfältige Hausgärten ohne Pestizide und Mähroboter setzen”, sagt Renner.
Quelle: Ludwig-Maximilians-Universität München; Fachartikel: Proceedings of the Royal Society B, doi: 10.1098/rspb.2019.0316