Anzeige
1 Monat GRATIS testen. Danach zum Jubiläumspreis weiterlesen.
Startseite »

Wie wurden die Blauwale zu Riesen?

Erde|Umwelt

Wie wurden die Blauwale zu Riesen?
17-05-23-blauwal.jpg
Blauwale sind die größten Tiere der Erde - doch wann und wie wurden sie zu Riesen? (Foto: Silverback Films/BBC)
Der Blauwal ist das größte Tier der Erde– und auch die meisten anderen Bartenwale sind echte Riesen der Meere. Doch wann und warum wurden diese Meeressäuger so gigantisch groß? Diese Frage können Forscher nun erstmals beantworten. Fossilvergleiche enthüllen, dass die Bartenwale erst vor gut vier Millionen Jahren einen Wachstumsschub erlebten. Der Grund dafür sind wahrscheinlich Veränderungen der Meeresumwelt und des Futterangebots kurz vor Beginn des Eiszeitalters, mutmaßen die Wissenschaftler.

Blauwale (Balaenoptera musculus) sind echte Giganten der Meere: Sie werden bis zu 33 Meter lang und 200 Tonnen schwer. Damit sind diese Meeressäuger die größten und schwersten bekannten Tiere überhaupt. Aber auch die restlichen Bartenwale sind schwimmende Kolosse: Mit Ausnahme des Pottwals gehören alle Großwale der Ozeane zu dieser Unterordnung. Selbst der kleinste Vertreter der Bartenwale ist immerhin noch sechs Meter groß. Ausgerechnet diese Riesen ernähren sich jedoch von den kleinsten Bewohnern der Meere: Die Bartenwale filtern mit Hilfe reusenartiger Filtervorrichtungen im Maul – den namensgebenden Barten – Plankton und Krill aus dem Wasser. Die enorme Größe dieser Meeressäuger kann daher nicht damit zusammenhängen, dass sie beispielsweise große Beute erlegen müssten.

Warum die Bartenwale dennoch so groß wurden, war bisher weitgehend ungeklärt – unter anderem wegen großer Lücken bei den Fossilfunden. “Wir hatten einfach nicht die richtigen Daten”, erklärt Studienleiter Nicholas Pyenson vom National Museum of Natural History in Washington. Denn häufig finden Paläontologen nur Teile urzeitlicher Walkskelette, was die Abschätzung ihrer Körpergröße schwierig machte. Vor Kurzem jedoch entdeckten Pyenson und seine Kollegen, dass die Breite eines fossilen Walschädels eine recht gute Abschätzung der Gesamtgröße des Tieres erlaubt. Ausgehend von dieser “Messlatte” haben die Forscher nun die Relikte von 63 ausgestorbenen Walarten aus den letzten 30 Millionen Jahren auf ihre Größe hin untersucht. Auf Basis dieser Daten konnten sie erstmals die Größenentwicklung der Bartenwale im Laufe der Evolution zeitlich einordnen und nachvollziehen.

Wachstumsschub begann erst vor rund 4,5 Millionen Jahren

Dabei zeigte sich: Die meiste Zeit seit ihrer Entstehung vor rund 30 Millionen Jahren waren die urzeitlichen Bartenwale verglichen mit ihren heutigen Nachfahren eher schmächtig. “Bis zum mittleren Miozän blieben selbst die größten Mysticeten unter zehn Metern Länge”, berichten Pyenson und seine Kollegen. Die meisten Arten waren sogar deutlich kleiner. “Man könnte nun glauben, dass die Wale im Laufe der Zeit einfach allmählich heranwuchsen – aber diese Vorstellung hält den Ergebnissen unserer Analysen nicht stand”, sagt Koautor Graham Slater von der University of Chicago. Stattdessen begann vor rund 4,5 Millionen Jahren ein drastischer Wandel: Etwa ab dieser Zeit entstanden nicht nur die ersten Bartenwalarten von mehr als zehn Metern Länge, auch viele der kleineren Arten verschwanden nach und nach. Insgesamt nahm die Größe der Bartenwale selbst in nur weitläufig verwandten Linien ab dieser Zeit fast sprunghaft zu. Der Gigantismus der Bartenwale ist demnach eine eher evolutionär junge Entwicklung: “Wir leben in einer Ära der Giganten. Noch niemals zuvor hat es so viele so große Bartenwale gegeben”, sagt Koautor Jeremy Goldbogen von der Stanford University.

Doch was verursachte vor rund 4,5 Millionen Jahren diesen Wachstumsschub der Meeressäuger? Nach Ansicht der Wissenschaftler könnten das sich anbahnende Eiszeitalter und die damit verbundenen Klimaveränderungen der Auslöser für diese Entwicklung gewesen sein. Denn Bereits im späten Miozän wurde es kälter, die Meeresströmungen änderten sich und in der Nähe einiger Küsten entstanden nährstoffreiche Auftriebsgebiete. “Es scheint kein Zufall zu sein, dass die Artenvielfalt der Mysticeten in dieser Zeit ihren Höhepunkt erlebte”, so die Forscher. Sie vermuten, dass sich durch die veränderte Meeresumwelt auch die Verteilung des Nahrungsangebots für die Bartenwale wandelte. Statt gleichmäßig verteilt zu sein, konzentrierte sich das Plankton nun vor bestimmten, weit auseinander liegenden Küstengebieten. Wie die Forscher erklären, war in dieser Situation ein größerer Körper und vor allem ein größeres Maul für die Wale von Vorteil. Große Wale können dadurch bei hohen Planktondichten in kurzer Zeit mehr Nahrung aufnehmen als kleine. Gleichzeitig erleichterte eine größere Körpergröße den Bartenwalen die Tausende Kilometer weiten Wanderungen von einem Futterplatz zum nächsten. “Sie waren dabei effizienter und stachen so die konkurrierenden kleineren Bartenwalarten aus”, erklären Pyenson und seine Kollegen.

Anzeige

“Unsere Daten bestätigen, dass der Gigantismus der Bartenwale ein überraschend junges Phänomen ist”, sagen die Forscher. “Die Beuteverteilung, die diesen Gigantismus effizient machte, entwickelte sich erst mit dem Pliozän-Pleistozän und den saisonalen Auftriebsgebieten der Ozeane.” Wie allerdings die Zukunft des Blauwals und anderer Riesen der Meere aussehen wird, ist offen. Mit dem Klimawandel könnten sich Struktur und Dynamik der Ozeane erneut verändern – und damit den momentanen Vorteil der großen Bartenwale zunichte machen. “Dies unterstreicht die ökologische Anfälligkeit dieser Giganten, deren Energiehaushalt auf des Messers Schneide balanciert”, konstatieren die Wissenschaftler.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
Anzeige
Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Youtube Music
Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

War|te|schlei|fe  〈f. 19〉 1 〈Flugw.〉 kreisförmige Kurve, die ein Flugzeug in unmittelbarer Nähe eines Flughafens fliegen muss, wenn es noch keine Landeerlaubnis besitzt 2 Telefonleitung zwischen Haupt– u. Nebenanschlüssen eines Telefons, von der aus die Anrufe weitergeleitet werden, sobald beim gewünschten Teilnehmer ein Nebenanschluss frei ist … mehr

Ni|ckel 2  〈n. 13; unz.; chem. Zeichen: Ni〉 chem. Element, silberweißes, zähes Metall, Ordnungszahl 28 [nach Nickel1, … mehr

Vi|deo|ka|me|ra  〈[vi–] f. 10〉 kleine, tragbare Fernsehkamera zur Anfertigung eigener Filme, die auf Videokassetten gespeichert werden

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige