Von kleinen Insekten wie den Wasserläufern ist das Phänomen hinlänglich bekannt – doch auch Geckos können über Wasser gehen. Wie die Echsen das bewerkstelligen, haben Forscher nun mithilfe von Hochgeschwindigkeitskameras beobachtet. Demnach nutzen die Geckos gleich mehrere Strategien, um ihren Körper vor dem Untergehen zu bewahren. Diese Technik könnte in Zukunft als Vorbild für die Entwicklung neuartiger Roboter dienen.
Die Fähigkeiten der Geckos sind legendär: Die Echsen können mühelos glatte, senkrechte Flächen emporklettern und sogar an der Decke laufen. Doch das ist noch nicht alles. Wie sich nun zeigt, besitzen die agilen Wesen eine weitere Superkraft: Sie können übers Wasser gehen. Wissenschaftler um Jasmine Nirody von der University of California in Berkeley haben dieses bisher unbekannte Talent bei den in Asien heimischen Saumschwanz-Hausgeckos (Hemidactylus platyurus) entdeckt. Sie beobachteten, dass die Echsen blitzschnell über Pfützen oder kleine Tümpel hinwegschlitterten, um Angriffen von Feinden zu entgehen. Wie aber gelang ihnen das nur?
Kleine Tiere wie Insekten nutzen bekanntermaßen die Oberflächenspannung des Wassers aus, um nicht unterzugehen. Größere Tiere dagegen müssen kräftig mit ihren Füßen schlagen, um eine Kraft zu erzeugen, die sie über Wasser hält – dies lässt sich zum Beispiel bei Schwänen beobachten, die sich zum Abheben in die Lüfte bereitmachen. Die Geckos aber haben ein Problem: Sie sind mit ihren sechs Gramm Körpergewicht zu schwer, um insektengleich übers Wasser zu schweben, aber zu leicht für die Strategie von Schwänen und Co. “Die Tatsache, dass die Tiere dennoch über Wasser rennen können, ist wirklich erstaunlich”, konstatiert Nirody.
Ein Meter pro Sekunde
Um dem Geheimnis der Geckos auf die Spur zu kommen, ließen die Forscherin und ihre Kollegen einige Echsen zu Laborexperimenten antreten. Dabei erschreckten sie die tierischen Probanden und filmten dann, wie diese über Wasser in einem Tank davonflitzten. Die Hochgeschwindigkeitsaufnahmen dieser Fluchtversuche enthüllten: Die Geckos können mit Geschwindigkeiten von bis zu einem Meter pro Sekunde über das Nass laufen – und nutzen dafür offenbar gleich vier unterschiedliche Strategien. Zum einen scheinen sie trotz ihres Gewichts die Oberflächenspannung auszunutzen. Denn reduzierten die Wissenschaftler diesen Effekt mithilfe von Seife, bekamen die Echsen Probleme: Ihre Geschwindigkeit sank um rund die Hälfte.
Daneben nutzen die Geckos die Strategie der Schwäne und anderer großer Tiere, indem sie mit ihren vier Beinen kräftige Paddelbewegungen vollführen. Dadurch entstehen den Forschern zufolge Lufttaschen, die helfen, den Körper vor dem Untergehen zu bewahren. Zusätzliche Unterstützung liefern außerdem die wasserabweisende Haut der Geckos sowie ihr Schwanz. Letzteren bewegen die Tiere wie ein Alligator von links nach rechts – das sorgt für Antrieb, Auftrieb und Stabilität. “All diese Faktoren spielen für das Fortkommen auf dem Wasser eine Rolle und die Geckos kombinieren sie auf einzigartige Weise”, sagt Nirodys Kollege Robert Full.
Roboter nach Gecko-Art
Die Technik der Geckos könnte nach Ansicht der Wissenschaftler in Zukunft als Vorbild für menschliche Entwicklungen dienen. So wäre es beispielsweise denkbar, Gecko-artige Roboter zu konstruieren. “Mittelgroße, über Wasser laufende Roboter wären ideal, um etwa überflutete Gebiete nach einer Naturkatastrophe zu durchsuchen”, sagt Nirody. “Es ist ein Glücksfall, dass wir von einem Tier so viel lernen können.” “Kein anderes Tier vereint so viele faszinierende Fähigkeiten wie der Gecko – Geckos sind wahre Superhelden”, schließt Full.
Quelle: Jasmine Nirody (University of California, Berkeley) et al., Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2018.10.064