Doch was eigentlich zum Schutz der Zelle gedacht ist, kann auch genau den gegenteiligen Effekt haben: Bereits frühere Studien hatten gezeigt, dass in manchen Krebszellen nicht etwa zu geringe, sondern vielmehr zu hohe Nrf2-Spiegel zu finden sind. Eine zu umfassende Beseitigung der ROS verhindert demnach in diesen Fällen nicht etwa die Tumorentstehung, sie scheint sie sogar zu fördern, legten diese Ergebnisse nahe. Um das genauer zu untersuchen, schauten sich die Wissenschaftler in der aktuellen Studie nun an, was einige bekannte Onkogene ? krebsfördernde Genvarianten ? mit dem ROS-Spiegel und dem Nrf2-Level machen. Das Ergebnis: Mindestens vier verschiedene Onkogene verringern, wenn sie in Mäusezellen eingeschleust werden, aktiv die Menge an freien Radikalen innerhalb der Zelle. Das gelingt ihnen, indem sie die Nrf2-Produktion erhöhen und damit das antioxidative Programm der Zelle verstärkt ablaufen lassen. Fehlt den Mäusen dagegen das Nrf2-Gen, verlieren die Onkogene ihre Schlagkraft und schaffen es nicht, Tumoren in den Tieren wachsen zu lassen. Erst die Bereitstellung von Antioxidantien stellt die tumorbildende Funktion der Onkogene wieder her.
Der Mechanismus scheint vor allem in den frühen Stadien der Tumorentstehung wichtig zu sein, schreiben die Forscher. Daraus sollte man jedoch keinesfalls schließen, dass eine sehr antioxidantienreiche Ernährung das Krebsrisiko erhöhe, betonen sowohl das Team als auch die beiden Krebsforscher Rushika Perera und Nabeel Bardeesy, die einen Kommentar zur Studie geschrieben haben. Zum einen sei die vorliegende Situation mit einem fehlenden oder fehlerhaften Nrf2-Gen beim Menschen sehr selten anzutreffen, und zum anderen gebe es durchaus auch Studien, die gezeigt hätten, dass eine bessere antioxidative Versorgung und eine Stabilisierung von Nrf2 der Krebsentstehung entgegenwirkt. Was nun im Organismus überwiegt, sollen weitere Untersuchungen klären ? vielleicht ergeben sich ja neue Ansätze, um Krebs vorzubeugen oder sogar das Wachstum eines bereits vorhandenen Tumors zu stoppen.