Ob winzige Spinne oder Gecko – das Konzept hinter der Haltekraft ihrer Füße ist sehr ähnlich: Mikroskopische Härchenstrukturen sorgen für Griffigkeit selbst auf glatten Materialien. “Wir haben es mit sehr unterschiedlichen Tieren zu tun – eine Spinne und ein Gecko sind extrem verschieden, aber ihre Füße sind bemerkenswert ähnlich”, sagt David Labonte von der University of Cambridge. Es handelt sich dabei um ein Beispiel von paralleler Evolution – verschiedene Entwicklungswege unterschiedlicher Lebewesen führten zu einem ähnlichen Lösungskonzept. “Wenn dies der Fall ist, muss es sich um ein sehr gutes Konzept handeln”, so Labonte.
Detailblick auf die Füßchen von 225 Arten
Er und seine Kollegen haben dem faszinierenden Biopatent nun erneut eine Studie gewidmet. Sie wollten konkret herausfinden, welchen Zusammenhang es zwischen der Größe eines Tieres und den Eigenschaften seiner Halteorgane gibt. Sie untersuchten dazu detailliert die Füßchen von insgesamt 225 kletternden Arten. Sie deckten eine enorme Bandbreite an Größen ab: Von winzigen Milben über Frösche und Insekten bis hin zu den größten Tieren mit Haftfüßen: den Geckos. “Wir haben Tiere verglichen, deren Größenunterschied dem zwischen einer Kakerlake und dem Big Ben entspricht”, so Labonte.
Es zeigte sich: Ein Gecko benötigt proportional etwa 200 mal mehr Fläche für seine Haft-Strukturen als eine kleine Milbe. Es handelt sich dabei eindeutig um einen prinzipiellen Zusammenhang: Je größer ein Lebewesen ist, desto höher ist der Prozentsatz der benötigten Fläche, um Haftkraft zu sichern. Die Berechnungen der Forscher ergaben, dass bei einem Menschen 40 Prozent der Körperoberfläche nötig wären, beziehungsweise 80 Prozent der Körperfront, um an einer Wand zu heften. Mit anderen Worten: “Wollte ein Mensch eine Wand mit dem Konzept der Geckos erklimmen, bräuchte er Haft-Schuhe der Größe 145”, veranschaulicht Co-Autor Walter Federle von der University of Cambridge.
Technisches Potenzial
Den Forschern zufolge hat dies mit dem Verhältnis von Körpermasse und Oberfläche zu tun: Große Lebewesen haben ein relativ hohes Gewicht bei kleiner Körperoberfläche. Ab einer gewissen Größe müssten die Halteflächen an den Gliedmaßen so groß werden, dass dies unpraktisch wird. Das entsprechende Limit ist offenbar bei den Geckos erreicht. Größere Tiere haben hingegen alternative Strategien entwickelt, um zu klettern, wie beispielsweise Krallen und Zehen zum Greifen, erklären die Wissenschaftler.
Ihnen zufolge könnten ihre Erkenntnisse nun auch bei der Umsetzungen der biologischen Systeme in technischen Anwendungen nützlich sein. Generell lohne sich, auch weiterhin einen neugierigen Blick auf die Patente der Natur zu werfen: “Es gibt noch viel Forschungspotenzial zu den Strategien, wie Tiere Wände hochklettern können. Erkenntnisse könnten dabei zur Entwicklung von leistungsstarken und kontrollierbaren Haftverfahren führen”, sagt Labonte.