Vielleicht ist Ihnen das Geräusch auch schon einmal aufgefallen: Beim Besuch mancher Blüten geben Hummeln einen seltsam hochfrequenten Summton von sich, der deutlich anders klingt als das gemütliche Brummen beim Fliegen. Andrea S. hat uns gefragt, was es mit diesem vibrierenden „Bzzzz“ der Hummeln auf sich hat – vielen Dank dafür!
Es handelt sich dabei um einen Ton, der im Rahmen des sogenannten Vibrationssammelns (Sonification) entsteht. Wenn man das „Bzzzz“ hört, regnet es gerade Futter auf die Hummel: Durch Muskelkontraktionen versetzt sie ihren Körper und damit die Blüte in Schwingungen, sodass Pollen aus den Staubgefäßen freigesetzt werden. Sie rieseln dann auf den haarigen Rücken der Hummel. Anschließend kann sie die Pollenkörner mit den Beinen auskämmen und in ihren “Höschen“ sammeln. Diese Ernte bringt sie dann in den Stock, wo der Pollen der Ernährung der Brut dient.
Bei den Blüten vieler Pflanzenarten reicht es aus, wenn ein Insekt die Staubgefäße (Antheren) nur berührt, um Pollen aufzusammeln. Doch einige Pflanzen gehen sparsamer mit ihren kostbaren Bestäubungs-Körnchen um. Bei ihnen sitzt der Pollen im Inneren der Antheren und tritt erst dann aus, wenn die Pollenbehälter geschüttelt werden. Unter anderem haben etwa Nachtschattengewächsen wie Tomaten, Auberginen oder Kartoffeln entsprechend gestaltete Antheren.
An sie haben sich wiederum einige Vertreter der Hummeln und Wildbienen im Laufe der Evolution angepasst. Sie erzeugen mit ihren Flugmuskeln Schwingungen, die den Pollen effektiv aus den Staubgefäßen schütteln. Auf diese Weise profitieren beide Partner: Die Pflanzen verbreiten vergleichsweise sparsam ihren Pollen und die Bestäuberinsekten bekommen einen Teil des Blütenstaubs als Futter ab.
Video: Neben Hummeln praktizieren auch viele Wildbienenarten – wie hier gezeigt – das Vibrationssammeln. Die Honigbiene nutzt das Verhalten hingegen nicht. Quelle: Anne Leonard
Erst Übung macht Hummeln zu Vibrationsexpertinnen
Interessanterweise werden Hummeln nicht als Meisterinnen des Vibrierens geboren – sie perfektionieren das komplexe Verhalten durch Lernprozesse. In diesem Zusammenhang konnten Forscher um Penelope Whitehorn von der University of Stirling nachweisen, dass sich Pestizide aus der Gruppe der Neonicotinoide negativ auswirken: Die Pflanzenschutzmittel beeinträchtigen demnach den Lernprozess und damit die Sammel- beziehungsweise Bestäubungssleistung der Hummeln.
Im Rahmen ihrer Studie haben die Forscher das Vibrations-Verhalten von Hummeln aus Kolonien untersucht, die durch das Neonicotinoid Thiamethoxam belastet waren. „Hummeln einer Kontrollgruppe, die dem Pestizid nicht ausgesetzt waren, lernten in ihrer Entwicklung nach und nach dazu, wie sie mehr Pollen sammeln und besser Blüten bestäuben können“, so Whitehorn. „Die Hummeln, die mit dem Pestizid in Berührung kamen, entwickelten ihre Fähigkeiten hingegen nicht weiter. Sie sammelten am Ende des Experiments zwischen 47 und 56 Prozent weniger Pollen als die Kontrollgruppe“, berichtet die Wissenschaftlerin.
„Wir glauben, dass Pestizide sich auf das Gedächtnis und die kognitiven Fähigkeiten von Hummeln auswirken. Beides sind wichtige Voraussetzung für komplexe Verhaltensweisen“, sagt Co-Autor Mario Vallejo-Marin. „Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Belastung durch Pestizide die Fähigkeiten der Hummeln beeinträchtigen kann, komplexe Verhaltensweisen wie die Vibrationsbestäubung weiterzuentwicklen“, resümiert der Biologe.
Quelle: University of Stirling, Karlsruher Institut für Technologie, Fachartikel: Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-017-14660-x
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