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Warum blicken Sonnenblumen nach Osten?

Pflanzenforschung

Warum blicken Sonnenblumen nach Osten?
Sonnenblumen profitieren von der Fixierung auf das Morgenlicht. (Bild: SafakOguz/iStock)

„Guten Morgen Sonnenschein!“ Voll erblühte Sonnenblumen scheinen das erste Licht des Tages zu begrüßen. Warum sie stets nach Osten gewandt sind, nachdem sie in ihrer Jugend dem Sonnenstand gefolgt sind, haben Forscher nun durch Experimente beleuchtet. Die Ausrichtung auf die Morgensonne optimiert demnach die Temperatur des Blütenstands, sodass Bestäuber angelockt werden, sowie die Entwicklung der Blütenstaubgefäße und später der Samenertrag günstig beeinflusst werden.

Sie sehen nicht nur aus wie Sonnen – die Sonnenblumen sind auch für ihre Fixierung auf die Lichtquelle des Tages bekannt: Während der Entwicklung stellt sich der junge Blütenstand fortlaufend auf die Richtung des Tageslichts ein: Morgens ist er nach Osten gerichtet, anschließend folgt er der Sonne, bis sie im Westen untergeht. Im Verlauf der Nacht wendet sich das „Gesicht“ der Pflanze dann wieder gen Osten und der Zyklus beginnt von neuem. Diese wechselnde Ausrichtung beenden die Pflanzen allerdings mit ihrer Reife: Voll erblüht blicken sie nur noch nach Osten. Ein Forscherteam um Stacey Harmer von der University of California in Davis untersucht bereits seit einiger Zeit, was es mit diesem Verhalten der Sonnenblume auf sich hat.

Dabei stand bisher vor allem die Bewegung der jungen Pflanzen im Fokus. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass bei der Verfolgung der Sonne am Tag die Ostseite des Stängels besonders stark wächst. Nachts streckt sich dann hingegen die Westseite, was eine Rückorientierung nach Osten verursacht. Ausgelöst werden diese Wachstumsprozesse durch Hormone, die unter der Kontrolle von Genen stehen, die eine rhythmische Aktivität aufweisen. Offenbar ist dies für die Entwicklung des Blütenstandes wichtig: Wird diese sich verändernde Ausrichtung gestört, entwickelten Sonnenblumen vergleichsweise wenig Biomasse. Die bisherigen Ergebnisse zeigten zudem, dass am Ende der Wachstumszeit – wenn sich die Blüte voll zu entfalten beginnt – derjenige Prozess überwiegt, der die Pflanze nach Osten dreht.

Warum diese Blickrichtung?

Doch warum verharren Sonnenblumen in voller Blüte in dieser Ausrichtung? Hinweisen darauf, dass dies mit dem Fortpflanzungserfolg zu tun hat, sind die Forscher nun durch weitere Experimente nachgegangen. Sie verglichen dabei voll erblühte Sonnenblumen in natürlicher Ostausrichtung mit Exemplaren, die sie nach Westen verdreht hatten. Sie erfassten dabei die Besuche von Bestäuberinsekten, die Temperaturverhältnisse im Blütenstand sowie die Entwicklung der pflanzlichen Geschlechtsorgane und den Samenertrag.

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Wie sie berichten, bestätigte sich zunächst: Die Ostausrichtung fördert den morgendlichen Besuch von Bienen. Offenbar ist dies mit der Wärme sowie mit der erhöhten Attraktivität der Blüten verbunden. Mit dem Licht im Gesicht erwärmen sich die Blütenstände demnach deutlich intensiver als bei Strahlung auf den „Hinterkopf“ mit westlicher Ausrichtung. Dies stellt für Bienen bei der morgendlichen Futtersuche einen energetischen Vorteil dar – deshalb fliegen sie buchstäblich auf die warmen Blüten, erklären die Wissenschaftler.

Wie sie weiter berichten, lässt das direkte Sonnenlicht außerdem visuelle Signale für die Bestäuber aufleuchten, die unserem Blick verborgen bleiben: Die ultravioletten Markierungen auf den Blütenblättern werden besonders deutlich. Zu beachten ist dabei, dass die Sonnenblume zu den sogenannten Korbblütlern gehört. Das von den Blütenblättern eingerahmte Innere besteht eigentlich aus Hunderten, manchmal Tausenden von Einzelblüten.

Fortpflanzungserfolg mit Licht im Gesicht

Die Forscher konnten nun auch belegen, dass sich die morgendliche Wärme in diesem Zentrum günstig auf die Blütenentwicklung und den Fortpflanzungserfolg auswirkt: Nach Osten ausgerichtete Pflanzen neigen dazu, größere und schwerere Samen zu produzieren, geht aus den Auswertungen hervor. Außerdem setzten die Staubgefäße morgens früher Pollen frei, was mit den Zeiten zusammenfällt, zu denen bevorzugt die Bestäuber anfliegen. Diese Effekte werden offenbar durch die Temperatur am Blütenkopf gesteuert: Als die Forscher eine tragbare Heizung verwendeten, um die nach Westen ausgerichteten Blütenköpfe künstlich zu erwärmen, erzielten sie ähnliche Ergebnisse wie bei den nach Osten ausgerichteten Blütenköpfen.

Die Bedeutung der Blütenausrichtung für den Erfolg der Bestäubung konnten die Forscher zudem durch einen speziellen Versuchsansatz dokumentieren: Dabei umgaben die Forscher sterile männliche Pflanzen, die zwar Samen, aber keinen Pollen produzieren können, mit „normalen“ Pflanzen, die entweder nach Osten oder Westen ausgerichtet wurden. Mithilfe einer Genotypisierung – einer Art Vaterschaftstest – konnten sie dann zeigen: Der Pollen der nach Osten ausgerichteten Pflanzen sorgte für mehr Nachkommen als der von nach Westen ausgerichteten Pflanzen. „Unterm Strich wurde somit nun der Hintergrund der auffälligen Ostausrichtung der Sonnenblumen deutlich: Der Blick in die Morgensonne sorgt für mehr Nachkommen“, resümiert Harmer.

Quelle: University of California in Davis, Fachartikel: New Phytologist, doi: 10.1111/nph.17627

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