Der eisige Südpol-Kontinent galt bisher als noch weitestgehend unberührt. Denn die Antarktis liegt weitab jeder Zivilisation und ist bis auf wenige Forschungsstationen unbewohnt. Doch das täuscht, wie nun Daten einer Antarktis-Expedition von Greenpeace belegen: In Schnee- und Wasserproben, die die Wissenschaftler während ihrer dreimonatigen Tour entlang der antarktischen Halbinsel genommen hatten, haben sie Mikroplastik und organische Giftstoffe nachgewiesen – und das in nahezu allen Proben.
Das Problem ist nicht neu: Längst lassen sich vom Menschen produzierte Chemikalien und Kunststoffe in fast allen Regionen der Erde nachweisen. Weil sowohl Plastik als auch viele organische Schadstoffe kaum biologische abbaubar sind, reichern sie sich in Gewässern, Böden, Ozeanen und in Organismen an. So haben Forscher die giftigen und krebserregenden per- und polyfluorierten Kohlenwasserstoffe (PFC) sogar schon in entlegenen Bergregionen der Erde nachgewiesen. In den Meeren, Flüssen und Seen der Erde schwimmen zudem Millionen Tonnen von Mikroplastik.
Mikroplastik-Schwemme trotz Ringströmung
Wie allumfassend diese Kontamination inzwischen ist, belegen nun Ergebnisse einer Expedition von Greenpeace-Wissenschaftlern zur antarktischen Halbinsel. Drei Monate lang waren sie Anfang 2018 mit dem Forschungsschiff Arctic Sunrise im Südpolarmeer unterwegs, um an verschiedenen Stellen der Küste Proben des Meerwassers und des Schnees zu nehmen. Alle Proben wurden anaschließen auf Mikroplastik und auf per- und polyfluorierte Chemikalien hin untersucht.
Das Ergebnis: Sieben der acht untersuchten Meerwasserproben enthielten Mikroplastik mit einer Konzentration von mindestens einer Mikroplastik-Faser pro Liter. Dies unterstreicht erneut, dass die Flut von Kunststoffabfällen inzwischen selbst die entlegensten Winkel der Erde erreicht hat. “Das Alarmierende an dem Mikroplastik, das wir in der Antarktis gefunden haben ist, dass es überhaupt da ist”, sagt Thilo Maack, Meeresexperte von Greenpeace. “Denn eigentlich trennt die antarktische Ringströmung die Gewässer des Südpolarmeeres von den Weltozeanen.”
Organische Schadstoffe aus der Luft
Auch die Schneeproben von verschiedenen Küstenbereichen der antarktischen Halbinsel erwiesen sich als kontaminiert: “Sieben der neun Schneeproben enthielten nachweisbare PFC-Konzentrationen”, berichten die Forscher. “Da es sich bei den Schneeproben auch um Neuschnee handelt, ist anzunehmen, dass die Chemikalien über die Atmosphäre und nicht über mögliche lokale Verschmutzungsquellen in die Region gelangt sind.” Diese fluorhaltigen Chemikalien, auch als PFAS bezeichnet, werden unter anderem zur Beschichtung von Funktionskleidung eingesetzt, kommen aber auch in anderen Konsumgütern vor. Während der Produktion und der Nutzung solcher Produkte werden die Chemikalien freigesetzt und gelangen in die Umwelt. Dort können diese Verbindungen Jahrzehnte überdauern und mit Wind und Wasser über den gesamten Globus verteilt werden.
Das Problem: “Aus Untersuchungen an Tieren geht hervor, dass einige PFAS die Fortpflanzung schädigen, das Wachstum von Tumoren fördern und das Hormonsystem beeinflussen”, heißt es im Greenpeace-Report. Eine der als besonders schädlich eingestuften Verbindungen, die Perfluoroktansäure (PFOA), ist unter den am häufigsten in den antarktischen Proben nachgewiesenen Schadstoffen. Sie wurde in fünf von neun Schneeproben in Konzentrationen von bis zu 1,84 Nanogramm pro Liter nachgewiesen.
“Die Antarktis mag uns als unberührte Wildnis erscheinen, doch auch dieses Ende der Welt ist schon verschmutzt durch Umweltgifte der Textilindustrie und die Rückstände des Plastikwahnsinns”, sagt Maack. “Wir brauchen dringend konsequente Maßnahmen, damit weniger Plastik und Chemikalien die Umwelt verschmutzen.”
Quelle: Greenpeace, Ergebnisbericht: Mikroplastik und Chemikalien in der Antarktis