Die Ergebnisse von Didier Pittet von der Universität Genf und seinen Kollegen basieren auf Labor-Tests, die nach der Untersuchung von 71 Patienten durchgeführt wurden. Dabei kamen jeweils sterile Stethoskope zum Einsatz und die Ärzte trugen ebenfalls sterile Handschuhe. Nach dem Abhören eines jeweiligen Patienten sammelten die Forscher Keimproben von verschiedenen Teilen des Stethoskops und von unterschiedlichen Bereichen der bei der Untersuchung getragenen Handschuhe. Diese Proben wurden auf Nährmedium in Petrischalen ausgestrichen und im Labor kultiviert. So konnten die Forscher Rückschlüsse ziehen, wie viele und welche Bakterienarten auf den jeweiligen Stethoskop-Teilen beziehungsweise Handbereichen gesessen hatten.
Auch der gefürchtete Krankenhauskeim wird verbreitet
Die Auswertungen zeigten: Die Membranen der Stethoskope waren mehr belastet als alle Regionen der Hand des Arztes außer den Fingerspitzen. Auch die Schläuche, die den Ohrbügel mit dem Membrankörper verbinden, waren kontaminiert. Viele Bakterienarten, die potenziell übertragen werden, sind zwar harmlos, aber eben nicht alle, wie die Forscher ebenfalls zeigen konnten: Bei Patienten, die mit dem berüchtigten Krankenhauskeim, dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) infiziert waren, wurde das Stethoskop ebenfalls zum möglichen Unheils-Überbringer. Die Membran sammelte auch diese Mikroben auf und sie bildeten bei den Labortests Kolonien. Hat S. aureus die Gelegenheit, sich im menschlichen Körper auszubreiten, droht Lebensgefahr: Eine Lungenentzündung, eine Entzündung der Herzinnenhaut oder die gefürchtete Sepsis können zum Tod führen, da viele der gängigen Antibiotika dem resistenten Keim nichts mehr anhaben können.
„In Anbetracht der Tatsache, dass Stethoskope meist mehrfach am Tag eingesetzt werden, kommt ihnen vermutlich eine bedeutende Rolle als Verbreitungsvehikel von Bakterien zu”, sagt Pittet. „Man sollte sie als eine Erweiterung der Hand des Arztes betrachten und deshalb müssen Stethoskope nach jeder Untersuchung desinfiziert werden”, so der Mediziner. Er und seine Kollegen wollen sich nun der Untersuchung der besten Methoden der Desinfektion widmen, so dass gleichzeitig Keimfreiheit und eine größtmögliche Schonung des Geräts gewährleistet werden kann.