Die Liste der bedrohten Tiere und Pflanzen weltweit wird immer länger. Um den Artenschwund zu stoppen, fehlt es aber oft an genaueren Informationen zu den Beständen der Spezies. Speziell ausgebildete Artenspürhunde können hier eine wichtige Hilfe sein, wie Forscher berichten. Demnach lassen sich die gesuchten Arten mit den Vierbeinern oft schneller und effektiver finden als mit anderen Methoden.
Wie viele Fischotter gibt es noch in Deutschland? Welche Lebensräume nutzen die bedrohten Kammmolche an Land? Und haben Großstadt-Igel mit anderen Problemen zu kämpfen als ihre Artgenossen in der Provinz? Wer die betreffenden Arten effektiv schützen will, sollte solche Fragen beantworten können. Doch das ist keineswegs einfach. Denn viele Tiere führen ein heimliches Leben im Verborgenen, selbst ihre Hinterlassenschaften sind mitunter schwer zu entdecken. Oft weiß deshalb niemand so genau, ob und in welchem Tempo ihre Bestände schrumpfen oder wo die letzten Refugien der Überlebenden sind.
Um offene Landschaften zu kartieren oder größere Tiere nachzuweisen, kann etwa die Fernerkundung mit Luft- und Satellitenbildern helfen. Bei dicht bewachsenen Gebieten und kleineren, versteckt lebenden Arten dagegen suchen Forscher bisher meist selbst nach Spuren oder arbeiten mit Kameras oder beispielsweise Haarfallen. Aber diese Methoden reichen oft nicht.
Eignen sich Spürhunde für den Artenschutz?
Aus diesem Grund haben sich nun Wissenschaftler um Annegret Grimm-Seyfarth vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung einer weiteren Methode gewidmet. „Wir müssen dringend mehr über diese Arten wissen“, so Grimm-Seyfarth. „Aber dazu müssen wir sie erst einmal finden.“ Eine moderne Technik dazu ist es, winzigen DNA-Spuren etwa aus dem Kot, den Haaren oder Pflanzenwurzeln zu finden und zu analysieren. Damit kann man etwa herausfinden, von welchem Tier sie stammen, wie dieses mit anderen Artgenossen verwandt ist und was es gefressen hat.
Für die Suche dieser winzigen Spuren von bedrohten Arten werden immer häufiger speziell trainierte Spürhunden eingesetzt. Denn Hunde besitzen anders als der Mensch bis zu 300 Millionen Geruchsrezeptoren, mit denen sie selbst kleinste Geruchsspuren wahrnehmen. So finden sie nicht nur problemlos den Kot von Tieren im Wald, sondern auch Pflanzen, Pilze und Tiere unter der Erde. In mehreren Forschungsprojekten konnten sich die vierbeinigen Helfer darin bereits beweisen.
„Um ihr Potenzial besser einschätzen zu können, wollten wir aber wissen, welche Erfahrungen es weltweit mit Artenspürhunden gibt“, erklärt Grimm-Seyfarth. Deshalb haben sie und ihre Kollegen nun mehr als 1200 Publikationen ausgewertet, die Einsätze solcher Suchhunde in mehr als 60 Ländern dokumentieren. „Uns hat vor allem interessiert, welche Hunderassen dabei zum Einsatz kamen, welche Arten sie aufspüren sollten und wie gut sie dabei abgeschnitten haben“, so die Forscherin.
Sogar Pflanzen, Bakterien und Pilze erschnüffelt
Das Ergebnis: In vielen der untersuchten Studien wurden tatsächlich gute Erfahrungen mit den Spürhunden gemacht. In fast 90 Prozent der Fälle arbeiteten die Hunde dabei sogar deutlich effektiver als andere Nachweismethoden. Im Vergleich zu Kamerafallen entdeckten sie zum Beispiel vier- bis fünfmal mehr Schwarzbären, Fischermarder und Rotluchse. Zudem kommen sie häufig besonders schnell zum Ziel. „Sie können in kürzester Zeit eine einzige Pflanze auf einem Fußballfeld finden“, berichtet Grimm-Seyfarth.
Die längsten Erfahrungen mit den vierbeinigen Fahndern gibt es laut der Studien in Neuseeland, wo Hunde schon um 1890 bedrohte Vögeln gesucht haben. Seither wurden die Schnüffler auch in vielen anderen Regionen, vor allem in Nordamerika und Europa, eingesetzt. Dabei sollten sie in den analysierten Studien insgesamt mehr als 400 Tierarten, ihre Behausungen und Spuren finden. Am häufigsten wurden Säugetiere aus den Familien der Katzen, Hunde, Bären und Marder gesucht, aber auch Vögel, Reptilien und Insekten. Dazu kamen noch über 40 Pflanzen-, rund 30 Pilz- und sechs Bakterienarten. Nicht immer handelt es sich dabei um bedrohte Spezies. Mitunter erschnüffelten die Hunde auch schon Schädlinge wie Borkenkäfer oder invasive Pflanzen wie Staudenknöterich (Reynoutria japonica) und die Beifuß-Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia).
Prinzipiell alle Rassen geeignet
„Im Prinzip kann man alle Hunderassen für solche Aufgaben ausbilden“, erklärt Grimm-Seyfarth. Vorstehhunde wie Pointer und Setter sind sogar eigens dafür gezüchtet worden, Wild zu finden und anzuzeigen, es aber nicht zu jagen. Deshalb werden diese Rassen zum Beispiel in Nordamerika, Großbritannien und Skandinavien häufig in Forschungs- und Naturschutzprojekten eingesetzt, um bodenbrütende Vögel wie Schnee- und Auerhühner aufzuspüren. Doch auch Retriever und Hütehunde eignen sich meist als sehr gute Helfer bei der Artenfahndung, denn sind sie sehr lernwillig sowie leicht zu motivieren, arbeiten gerne mit Menschen zusammen und haben in der Regel keinen ausgeprägten Jagdtrieb. Daher gehören auch Labrador Retriever, Border Collies und Deutsche Schäferhunde zu den beliebtesten Forschungshelfern weltweit. Border Collies können beispielsweise schon als Welpen lernen, die unscheinbare Losung von Fischottern aufzuspüren und später parallel dazu auch nach Kammmolchen suchen.
Unabhängig von der Hunderasse gilt, dass die Vierbeiner für ihre Einsätze entsprechend vorbereitet werden müssen, betont Grimm-Seyfarth. „In den meisten Fällen, in denen die Hunde nicht so gut abgeschnitten haben, lag das an mangelhaftem Training“, erklärt die Forscherin. „Außerdem spielen neben dem Alter und der Erfahrung der Hunde, ihre biologischen, psychologischen und sozialen Eigenschaften sowie die Handhabung und Unterbringung wahrscheinlich eine Rolle bei ihrer Leistung“, so die Forscher.
Viel Potenzial
Neben der Wahl des Hundes ist auch das Einsatzgebiet entscheidend. Denn nicht in allen Terrains und Lebensräumen eignen sich Spürhunde, wie die Studienergebnisse zeigen. Zum Beispiel hinterlassen Nashörner ihre großen Kothaufen deutlich sichtbar auf Wegen, sodass auch Menschen diese leicht finden können. Und Tierarten, die wilde Hunde als Feinde kennen, flüchten meist vor den vierbeinigen Fahndern, sodass auch bei solchen Forschungen meist auf Spürhunde verzichtet wird. Dennoch sehen Grimm-Seyfarth und ihr Team über solche Fälle hinaus viele Einsatzmöglichkeiten für Spürhunde im Artenschutz.
„Wenn man den richtigen Hund auswählt, genug über die Zielart weiß und die Studie entsprechend konzipiert, kann das eine hervorragende Nachweismethode sein“, resümiert Grimm-Seyfarth abschließend. Sie und ihr Team wollen die Schnüffler deshalb künftig weiterhin einsetzen und etwa nach invasiven Pflanzenarten suchen lassen.
Quelle: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, Fachartikel: Methods in Ecology and Evolution, doi: 10.1111/2041-210X.13560