Wie werden aus geschädigten Tropenwäldern wieder vitale Ökosysteme? Sollte man auf die Regenerationsfähigkeit der Natur setzen oder lohnt es sich, sie aktiv zu unterstützen? Eine Langzeitstudie auf Borneo zeigt nun, dass die Wälder deutlich schneller und mehr Biomasse aufbauen können, wenn sinnvolle Maßnahmen zur Renaturierung durchgeführt werden.
Überall auf der Welt schwinden die tropischen Regenwälder – besonders dramatisch ist dabei die Entwicklung in Südostasien: Manche Bereiche werden komplett gerodet, andere durch selektiven Holzschlag schwer geschädigt. Doch auch ein Umdenken zeichnet sich ab – es gibt Bemühungen, Wälder zu schützen oder wieder in ihren einstigen Zustand zurückzuversetzen. Bisher ging man allerdings davon aus, dass sich schwer geschädigte Tropenwälder nur sehr langsam von den Eingriffen erholen. Zudem schien unklar, inwieweit es sinnvoll ist, bei der Renaturierung unterstützend einzugreifen oder eher der natürlichen Entwicklung ihren Lauf zu lassen.
Unterstützen oder der Natur überlassen?
Wie ein internationales Forscherteam nun berichten, liefert ihre Studie zu diesen Aspekten nun neue Informationen. Die Ergebnisse basieren dabei auf Untersuchungen eines Tropenwalds in Sabah im malaysischen Teil der Insel Borneo. Der Wald wurde in den 1980er Jahren weitgehend gerodet, danach aber vor weiterer Abholzung oder Umwandlung in landwirtschaftliche Nutzfläche geschützt. Die Grundlage der Untersuchung bilden Arbeiten, die in diesem Gebiet bereits vor 25 Jahren begonnen haben, berichten die Wissenschaftler. Die Langzeitstudie konzentrierte sich darauf, wie gut der Wald bei zwei unterschiedlichen Strategien wieder oberirdische Biomasse aufbauen kann. Einige Teile des Untersuchungsgebiets wurden sich dabei selbst überlassen, in anderen wurden hingegen Pflanzungen und Pflegemaßnahmen durchgeführt, die einen positiven Effekt auf die Regenerationsentwicklung haben könnten.
Wie die Forscher berichten, geht aus den Ergebnissen der Langzeitstudie nun hervor: Flächen, die der natürlichen Regeneration überlassen wurden, konnten pro Jahr und Hektar etwa 2,9 Tonnen Kohlenstoff in der oberirdischen Biomasse hinzugewinnen. „Das bestätigt somit grundlegend, dass sich geschädigte Wälder erholen, wenn sie effektiv geschützt werden“, sagt Erstautor Christopher Philipson von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Doch deutlich wichtiger ist die Erkenntnis, dass sich Waldflächen, in denen wenige einfache Maßnahmen durchgeführt wurden, deutlich schneller regenerieren konnten als die Flächen, die der natürlichen Regeneration überlassen wurden. Konkret bedeutet das: Pro Jahr und Hektar bauten wiederaufgeforstete Wälder bis zu 4,4 Tonnen Kohlenstoff an oberirdischer Biomasse auf, berichten die Wissenschaftler.
Maßnahmen zeigen deutliche Effekte
Wie sie erklären, umfassten die in den Untersuchungsgebieten Sabahs getroffenen Maßnahmen neben dem Pflanzen von Baumsetzlingen Pflegemaßnahmen wie etwa das Schneiden von Lianen. Diese Pflanzen gedeihen in geschädigten Wäldern besonders gut und konkurrieren deshalb mit den heranwachsenden Bäumen. Als weitere Maßnahme jäteten die Waldschützer auch andere wuchernde Gewächse und pflanzten bevorzugt wertvolle einheimische Baumarten an. Mit letzterem versuchten sie, in den geschädigten Wäldern jene Bäume zu fördern, die durch die Holzwirtschaft besonders stark reduziert wurden.
Es kommt darauf an, einen vielfältigen Wald aufzuforsten, betonen die Forscher. Darauf wurde bei den Maßnahmen in den Versuchsarealen intensiv geachtet. „Die Wiederherstellung von Wald, insbesondere in stark abgeholzten Tieflandwäldern, ist essenziell, um die biologische Vielfalt und die Ökosystemleistungen zu erhalten, sowie Kohlenstoff aus der Luft zu binden“, sagt Philipson. Somit entsteht ein Beitrag im Kampf gegen den Verlust von Biodiversität und auch gegen den Klimawandel.
Vor dem Hintergrund des Erfolgs der Maßnahmen der aktiven Wiederherstellung der geschädigten Tropenwälder erscheinen nun Investitionen in entsprechende Projekte sinnvoll. Das Problem ist bisher allerdings: Der aktuelle Preis für Kohlenstoff im Emissionsrechtehandel deckt die Kosten der Wiederaufforstung nicht. „Daher ist die Wiederherstellung als Mittel zur Eindämmung des Klimawandels derzeit begrenzt“, sagt Co-Autor Mark Cutler von der ETH Zürich. „Wir müssen dafür nachhaltige Finanzierungsmechanismen finden“, sagt der Wissenschaftler abschließend.
Quelle: ETH Zürich, Fachartikel: Science doi: 10.1126/science.aay4490