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Sechsbeinige Vampire – schon zu Dino-Zeiten

Erde|Umwelt

Sechsbeinige Vampire – schon zu Dino-Zeiten
Seit etwa 115 Millionen Jahren saugen die Vertreter der Bettwanzen Blut. (Bild: animatedfunk/iStock)

Raffiniert zapfen sie ihre Opfer an – doch seit wann gibt es eigentlich die blutsaugenden Wanzen? Eine genetische Studie hat nun Licht in die interessante Evolutionsgeschichte der berüchtigten Parasiten gebracht. Demnach gab es die ersten Vertreter der Bettwanzen schon viel früher als bisher gedacht – bereits vor etwa 115 Millionen Jahren. Damit steht nun die Frage im Raum: Wer waren die ersten Opfer der Blutsauger, denn die bisher vermuteten Fledermäuse können es nicht sein.

Igitt, Bettwanzen! Die Plagegeister gelten als Inbegriff fiesen Ungeziefers. Nachts schleichen sie aus ihren Verstecken und verpassen schlafenden Menschen juckende Stiche. In den letzten Jahrzehnten haben sich die Bettwanzen weltweit erneut stark ausgebreitet. Der Grund: Gegen viele einst erfolgreiche Bekämpfungsmittel haben die Parasiten Resistenzen entwickelt. Außerdem spielt die menschliche Reisefreude eine Rolle: Es ist bekannt, dass besonders häufig Hotelzimmer von Wanzenbefall betroffen sind. Dort krabbeln die raffinierten Viecher auf Gepäckstücke und werden so zu Urlaubs-Mitbringseln der ekelhaften Art.

Doch aus biologischer Sicht gibt es natürlich keine guten oder schlechten Lebewesen – nur interessante Modelle der Evolution. Das gilt besonders für die Bettwanzen (Cimicidae), die wegen ihrer flachen Körperform auch Plattwanzen genannt werden. Zwei Vertreter sind als menschliche Parasiten berühmt-berüchtigt, insgesamt umfasst die Gruppe allerdings über 100 Arten, die es auf das Blut von verschiedenen Tierarten abgesehen haben. Vor allem Fledermausarten stehen dabei im Visier der sechsbeinigen Vampire. Ein internationales Forscherteam ist nun der Frage nachgegangen, wie und wann diese Insekten ihre skurrilen Merkmale entwickelt haben.

Überraschend alte Blutsauger

Dazu wählten sie einen genetischen Ansatz: In ihrer Arbeit verglichen sie die DNA von Dutzenden von Bettwanzenarten, um die evolutionären Beziehungen innerhalb der Gruppe sowie ihre Beziehung zum Menschen auszuloten. Der Hintergrund: Durch bestimmte Hinweise im Erbgut und durch die Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Arten und Untergruppen sind Rückschlüsse möglich, wann es zu Entwicklungen gekommen ist. Die Forscher entwickelten in diesem Zusammenhang sogenannte phylogenetische Bäume, aus denen diese Informationen hervorgehen.

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So zeichnete sich ab: Die Bettwanzen sind bereits vor etwa 115 Millionen Jahren entstanden. Dabei handelte es sich um ein überraschendes Ergebnis, denn bisher hatten Forscher angenommen, dass Fledermäuse die ersten Opfer der Bettwanzen darstellten, bevor sie ihr Spektrum erweiterten. Den Ergebnissen zufolge existierten die ersten blutsaugenden Arten aber bereits über 30 Millionen Jahre bevor die ersten Fledermäuse entstanden sind. “Die Vorfahren der Plagegeister, die heute in unseren Betten leben, krabbelten schon durch das Reich der Dinosaurier”, sagt Co-Autor Mike Siva-Jothy von der University of Sheffield. Die Evolutionsgeschichte der Bettwanzen ist damit weitaus komplexer als wir bisher dachten”, so der Wissenschaftler.

Wer waren die ersten Opfer?

Wie er und seine Kollegen erklären, legen die Ergebnisse zudem nahe, dass die frühen Vertreter der Bettwanzen auf einen einzigen Wirtstyp spezialisiert waren. Doch wen pikten
die Ur-Bettwanzen denn damals? Diese Frage ist nun offen, sagen die Forscher. T. rex kommt offenbar eher weniger in Frage, denn wie die Forscher betonen, befallen zumindest die heutigen Bettwanzen nur Tierarten, die ein “Zuhause” haben – wie ein Vogelnest, einen Bau, ein Fledermausquartier oder eben ein Menschenbett.

Was die beiden Vertreter mit Lust auf Menschenblut betrifft, konnten die Forscher ebenfalls Interessantes aufdecken: Die gewöhnliche und die tropische Bettwanze sind offenbar viel älter als der Mensch. Dieses Ergebnis widerspricht der gängigen Vorstellung, nach der die evolutionäre Aufspaltung des Menschen in Homo erectus und Homo sapiens auch die Auftrennung in diese beiden Bettwanzenarten verursacht hat.

Andererseits zeichnet sich in der Studie ab, dass Bettwanzen auch recht schnell neue Arten hervorbringen können. In diesem Zusammenhang prophezeit Co-Autor Klaus Reinhardt von der Technischen Universität Dresden den Fortgang der Wanzenentwicklung: „Es wird vermutlich vergleichsweise schnell gehen, bis die nächste Art der Blutsauger unsere Betten bevölkert, da derzeit viel mehr Menschen auf der Erde leben und der Handel von Tieren und Haustieren viel mehr Möglichkeiten zum Kontakt bietet“, sagt der deutsche Wanzenexperte.

Quelle: University of Sheffield, TU-Dresden, Current Biology, DOI:10.1016/j.cub.2019.04.048

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