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Schadpilz bedroht Akeleien in Europa

Erde|Umwelt

Schadpilz bedroht Akeleien in Europa
Peronospora
Von Peronospora aquilegiicola befallene Akelei-Pflanze. (Bild: Thomas Brand)

Deutschlands Gärten und Parks droht Gefahr durch einen eingeschleppten Pilz: Erstmals haben Wissenschaftler an Akeleien in Niedersachsen den aggressiven Pflanzenschädling Peronospora aquilegiicola nachgewiesen. Hierzulande spezialisiert er sich ausschließlich auf Akeleien und verursacht „Falschen Mehltau“. Betroffene Pflanzen sterben daran ab. Da der Schädling für seine schnelle Verbreitung bekannt ist, warnen Experten vor einem Massenbefall in ganz Europa.

„Peronospora aquilegiicola gehört zu den Oomyceten“, erklärt Marco Thines vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum. „Obwohl sie wie Pilze aussehen, sind diese Organismen näher mit Braun- und Kieselalgen verwandt.“ Die Sporen können einerseits im Boden überwintern oder frei beweglich durch den Wind Verbreitung finden, indem sie in die Spaltöffnungen von Pflanzenblättern eindringen. Dort bilden sie zwischen den Zellen ein Pilzgeflecht aus, entnehmen der Pflanze ihre Nährstoffe und schädigen sie dadurch.

Anders als häufig angenommen, spezialisiert sich der Schädling nicht auf ganze Pflanzenfamilien, sondern auf einzelne Arten. Davon betroffen sind zum Beispiel Arten der Hahnenfuß-, Fuchsschwanz- oder Nelkengewächse. Forscher stellten auch schon Wirtssprünge fest. Falscher Mehltau verbreitet sich vor allem unter feuchtwarmen Bedingungen im Feld und auch in Glashauskulturen. So gab es bereits weltweit verbreitete Infektionen wie beispielsweise auf Basilikumpflanzen.

Erster Fund auf deutschem Boden

Nun erregt der Fund eines derartigen Pilzbefalls auf Akeleien-Pflanzen in Deutschland Aufsehen: In einem Garten in Niedersachsen fielen bereits 2019 erste Symptome eines möglichen Pflanzenschädlings auf. Dieses Jahr stellten die Gärtner nun einen deutlichen Pilzbefall fest, der sich durch „Falschem Mehltau“ auf ihren Akeleien bemerkbar machte. Mit ihren rosa bis violett-farbenen Blüten sind die langstieligen Akeleien besonders im Frühjahr ein echter Hingucker. Bei einer Akelei, die mit Peronospora aquilegiicola infiziert ist, verfärben sich die Blätter zunächst gelblich und werden später violett. Die Blattränder rollen sich nach außen. Langfristig sterben von Peronospora aquilegiicola befallene Akeleien ab.

Ein Forscherteam um Thines führte nun zur weiteren Untersuchung des Schädlings eine nähere Analyse durch: Sie sammelten einige der infizierten Exemplare und trockneten sie. Daraufhin beträufelten die Forscher die Oberfläche der befallenen Blätter mit einer 70-prozentigen, wässrigen Milchsäurelösung. Unter einem Mikroskop mit 400-facher Vergrößerung stellten sie schließlich fest, dass sich an der Blattunterseite der Pflanzen ein beiger bis violetter Belag aus Sporen des Oomyceten bildet. Diese verbreiten sich durch Wind oder Regenwasser-Spritzer. Unklar war aber noch, um welche Art des Schädlings es sich bei dem Pilzbefall in Deutschland handelt. Um herauszufinden wie der Schädling nach Deutschland gelang, unternahmen die Wissenschaftler schließlich genetische Analysen der vorliegenden Blattproben.

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Die Herkunft im Blick

Das Ergebnis: Die untersuchten Gensequenzen zeigten, dass es sich überraschenderweise um die Art Peronospora aquilegiicola handelt. Das entspricht der gleichen Art, die vor sieben Jahren bereits nach Westeuropa Einzug fand. Diese auf Akeleien spezialisierte Art kommt ursprünglich aus Ostasien und tauchte in Europa bislang nur 2013 in Großbritannien und Wales auf. „Seitdem hat sie sich auf der britischen Insel rasant ausgebreitet und dort einen Großteil der Akeleien in öffentlichen Parks auf dem Gewissen“, berichtet der Experte Thines. Dort konnte sie zwar großflächig vernichtet werden. Dennoch scheint der in Deutschland bisher nicht-heimischen Pflanzenschädling demnach den Sprung nach Kontinentaleuropa geschafft zu haben.

Doch auf welche Weise schaffte der Pilz diesen Sprung? Am Ort des Erstnachweises von Peronospora aquilegiicola in Deutschland wurden in den letzten zwanzig Jahren keine neuen Akeleien gepflanzt. Die Forscher vermuten, dass Gärtner in der Nachbarschaft Pflanzen aus England oder Wales importierten, die dem Erreger als trojanisches Pferd dienten. Wo genau, liegt derzeit noch im Dunklen. Schätzungen der Forscher zufolge haben sich die befallenen Pflanzen – unterstützt durch den Wind – in dem Garten in Niedersachsen selbst ausgesät. Über befallende Samen verbreitet sich der Schädling rasend schnell, wie das Beispiel in Großbritannien zeigte. Da sie sogar über lange Distanzen überleben, droht den bei Gärtnern als Zierpflanzen beliebten Akeleien-Arten daher Gefahr.

Der Pflanzenschädling ist jedoch nicht nur für kommerziell angebaute Pflanzen eine Bedrohung – auch wildwachsende Akelei-Arten können geschädigt werden. Sie stehen aufgrund ihrer Seltenheit in Deutschland allesamt unter Naturschutz. Die Wissenschaftler plädieren daher für erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber dem schädlichen Einwanderer. „Alle, die Akeleien-Arten in ihrem Garten oder Park haben, sollten aufmerksam sein, damit sich Peronospora aquilegiicola in Deutschland und Kontinentaleuropa nicht ausbreiten kann“, sagt Thines. „Sonst laufen wir Gefahr, dass er sich wie andere Pflanzenschädlinge, beispielsweise der ‚Falsche Mehltau‘ des Basilikums, global ausbreitet und mehrere Millionen Euro Schaden anrichtet. Unser Ziel muss es daher sein, möglichst alle Infektionsherde zu identifizieren und zu beseitigen.

Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen; Fachartikel: Mycological Progress, doi: 10.1007/s11557-020-01596-2

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