Reispflanzen nehmen über die Wurzeln leicht das giftige Schwermetall Arsen auf, wodurch Reis häufig als stark belastet gilt. Doch eine bestimmte Reisvariante kann dem Giftstoff trotzen, wie Untersuchungen nun ergeben haben. Demnach ist die Pflanze so mutiert, dass die Körner der Pflanze nur wenig Arsen enthalten, obwohl sie auf belasteten Feldern wachsen. Zudem enthalten ihre Reiskörner besonders viel Selen.
Das Schwermetall Arsen kommt natürlicherweise in der Erdkruste vor und wird zudem etwa durch den Bergbau und die Nutzung fossiler Brennstoffe freigegeben. So gelangt es verstärkt in die Böden und das Grundwasser und wird dadurch von Pflanzen aufgenommen. Besonders Getreidepflanzen wie Reis nehmen sehr viel Arsen auf. Da das Schwermetall giftig ist, bilden sich weniger Reiskörner und es kommt zu Ernteausfällen. Zudem führt die Arsenaufnahme dazu, dass der potentiell krebserregende Stoff in unsere Nahrungskette gelangt. Von häufigem Verzehr von Reisprodukten wird deshalb sogar abgeraten.
Welche Pflanzen sind weniger belastet?
Vor allem Reispflanzen auf asiatischen Anbaugebieten, in denen unter anderem mit arsenhaltigem Mitteln gedüngt wird, enthalten zunehmend größere Mengen Arsen. Deshalb haben nun Forscher um Sheng-Kai Sun von der Landwirtschaftlichen Universität Nanjing in China nach Pflanzenvarianten gesucht, die weniger Arsen aufnehmen. Dazu pflanzten sie über 4.000 verschiedene Sorten der Art Oryza sativa in Felder mit arsenhaltigem Wasser und beobachteten ihr Wachstum. Daraufhin maßen sie den Arsengehalt der Reiskörner der verschiedenen Pflanzen sowie den Anteil anderer Nährstoffe und markierten das Arsen, um seine Anreicherung in den Pflanzen genauer dokumentieren zu können. Außerdem verglichen sie das Wurzelwachstum sowie die Zahl der Reiskörner der Pflanzen. Schließlich untersuchten Sun und seine Kollegen das Genom der Gewächsvarianten.
Tatsächlich erwies sich eine der untersuchten Pflanzenvarianten als tolerant gegenüber dem giftigen Halbmetall. Im Feldversuch enthielten deren Reiskörner ein Drittel weniger Arsen als die Körner herkömmlicher Sorten, die ebenfalls dem arsenhaltigen Wasser ausgesetzt waren. Die Forscher fanden zudem einen um 75 Prozent erhöhten Anteil des Spurenelements Selen. Dabei wuchsen die Wurzeln dieser Pflanzenvariante bei ausreichend Licht mindestens genauso wie die der anderen Reispflanzen, manche sogar bis zu zweimal länger. Zusätzlich erhielten die Forscher bei dieser Pflanzenvariante eine ebenso große Kornausbeute wie bei gängigen Hochertrag-Reispflanzen.
Punktmutation verändert Aufnahme
Bei der Genomuntersuchung der Reispflanzen entdeckten Sun und sein Team die Ursache für die verringerte Arsen-Aufnahme der Reissorte. Sie stellten fest, dass ein einzelnes Basenpaar im Erbgut dieser Variante mutiert ist. Die sogenannte „Arsenit-tolerante Mutante 1“ (astol1) sorgt dafür, dass sich die Funktion eines Proteins verändert. „Dieses Protein ist Teil eines Sensor-Komplexes und kontrolliert die Bildung der Aminosäure Cystein, die ein wichtiger Grundstoff für die Herstellung von Phytochelatinen ist“, erklärt Rüdiger Hell von der Universität Heidelberg. „Diese Substanzen besitzen eine entgiftende Wirkung und werden von Pflanzen als Reaktion auf Schadstoffe gebildet, um diese zu neutralisieren.“
Das neutralisierte Arsen wird demnach in den Wurzeln der Pflanze eingelagert, ohne die essbaren Reiskörner zu erreichen. Dadurch kann es dem Menschen nicht gefährlich werden, so die Forscher. Zusätzlich sorgt die Mutation dafür, dass ein bestimmtes Enzym in diesem Komplex, die Serinacetyltransferase, die Aufnahme von Sulfat und von dem Spurenelement Selen steigert. „Darüber hinaus erhöhte die Mutation signifikant den Gehalt an Selen im Reiskorn, einem essentiellen Mikronährstoff, den bis zu eine Milliarde Menschen weltweit mit der Nahrung unzureichend aufnehmen“, ergänzen die Wissenschaftler.
Das macht die Reiskörner gleich doppelt vorteilhaft, sodass sich diese Pflanze in besonderer Weise für eine landwirtschaftliche Nutzung eignen könnte, so das Forscherteam. „In der Zukunft könnten Reispflanzen wie astol1 in arsenbelasteten Regionen zur Ernährung der Bevölkerung eingesetzt werden und zugleich einen Beitrag zur Bekämpfung von ernährungsbedingtem Selenmangel leisten“, spekuliert Sun.
Quelle: Universität Heidelberg, Fachartikel: Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-021-21282-5