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Regenwürmer: Bei uns häufiger als in den Tropen

Erde|Umwelt

Regenwürmer: Bei uns häufiger als in den Tropen
Regenwurm
Regenwürmer sind wichtige Ökosystem-Ingenieure. (Bild: Christian Dahlhaus/ iStock)

Regenwürmer sind wichtige Ökosystem-Ingenieure und kommen fast auf der ganzen Welt vor. Doch wie sie global verteilt sind, hat erst jetzt ein Forscherteam kartiert – mit überraschenden Ergebnissen. Denn die Bodenwühler sind bei uns sogar häufiger und artenreicher als in den Tropen – die ja sonst meist ein Hotspot der Biodiversität sind. Nach Ansicht der Wissenschaftler demonstriert dies, dass die oberirdische Artenvielfalt nicht unbedingt verrät, was unter der Erde lebt.

Regenwürmer sind nahezu allgegenwärtig: Sie kommen fast weltweit vor und leben überall dort, wo der Boden nicht dauerhaft gefroren, zu sauer, zu nass oder vollkommen trocken ist. Für den Boden und auch die oberirdische Lebenswelt sind sie dabei unverzichtbar, denn die Regenwürmer fressen organisches Material, durchlüften den Boden und mischen Humus und Erde. Auf diese Weise machen sie Nährstoffe verfügbar, helfen klimawirksamen Kohlenstoff zu speichern oder Samen zu verbreiten. Regenwürmer gelten deshalb auch als “Ökosystem-Ingenieure”.

Mehr Würmer in unseren Breiten

Wie jedoch diese wichtigen Öko-Akteure weltweit verteilt sind und wo die Hotspots ihres Vorkommens liegen, darüber war bislang kaum etwas bekannt. “Für Regenwürmer konnten wir solche Untersuchungen bisher nicht durchführen, weil es keine entsprechenden globalen Datensätze gab”, erklärt Erstautorin Helen Phillips vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Universität Leipzig. Deshalb kontaktierten sie und ihr Team Regenwurmforscher in aller Welt und baten sie, ihre Daten für eine globale Erfassung zur Verfügung zu stellen. Das Ergebnis ist eine Karte der Dichte, Artenvielfalt und Biomasse von Regenwürmern basierend auf 6928 Standorten in 57 Ländern.

Die Kartierung enthüllt Überraschendes. Denn die Artenvielfalt und Häufigkeit der Regenwürmer ist ganz anders verteilt als die oberirdische Biodiversität. Bei Pflanzen, Insekten und Vögeln zum Beispiel nimmt die Anzahl der Arten in einem bestimmten Gebiet zu, je mehr man sich dem Äquator nähert. Entsprechend finden sich oberirdisch die meisten Arten in den Tropen. Doch bei Regenwürmern ist es genau umgekehrt: Die meisten Regenwurmarten fanden die Forscher an Probenorten in Europa, dem Nordosten der USA und Neuseeland. Ähnlich verhielt es sich mit der Dichte und der Biomasse. Auch hier waren die Werte in den gemäßigten Breiten am höchsten.

Allerdings: Diese Werte beruhen auf dem Vergleich kleiner, lokaler Standorte. Doch die Verteilung der Regenwürmer in größerem Maßstab scheint sich zwischen den Tropen und gemäßigten Breiten zu unterscheiden: “In den Tropen findet man alle paar Kilometer eine neue Gemeinschaft von Regenwurmarten. In kühleren Regionen hingegen bleibt diese mehr oder weniger gleich”, erklärt Phillips. “Das könnte bedeuten, dass man in einem bestimmten Gebiet der Tropen zwar nur wenige Arten findet, die Gesamtzahl aller tropischen Regenwurmarten aber sehr hoch ist. Das wissen wir aber noch nicht.”

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Anfällig für den Klimawandel

Die Kartierung lieferte auch Informationen darüber, welche Umweltfaktoren die Dichte und Artenvielfalt der Regenwürmer beeinflussen – und wie anfällig sie gegenüber dem Klimawandel sein könnten. Denn wie die Forscher feststellten, sind vor allem Niederschlag und Temperatur prägende Einflussfaktoren. Doch genau sie verändern sich im Zuge der Erderwärmung zurzeit rapide. “Der Klimawandel könnte zu starken Veränderungen bei den Regenwurmgemeinschaften und den von ihnen beeinflussten Ökosystemleistungen führen”, sagt Seniorautor Nico Eisenhauer vom iDiv. “Aufgrund ihrer Rolle als Ökosystem-Ingenieure befürchten wir Auswirkungen auf andere Lebewesen wie Mikroorganismen, Bodeninsekten und Pflanzen.”

Umso wichtiger sei es, nicht nur die oberirdische, sondern auch die unterirdische Artenvielfalt möglichst gut zu schützen, wie die Forscher betonen. “Es ist Zeit für einen Paradigmenwechsel beim Schutz der biologischen Vielfalt”, sagt Eisenhauer. “Weil wir es nicht sehen, vergessen wir allzu leicht das faszinierende Leben unter unseren Füßen. Regenwürmer mögen im Verborgenen weilen und nicht das Charisma eines Pandas haben. Aber sie sind extrem wichtig für andere Lebewesen und das Funktionieren unserer Ökosysteme.”

Quelle: Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig; Fachartikel: Science, doi: 10.1126/science.aax4851

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