Gerade bei winterlichem Schmuddelwetter ist Funktionskleidung beliebt. Wer ganz sicher gehen will, der kauft Jacken, die nicht nur Wasser, sondern auch Öl und Schmutz abweisen. Doch wie nun eine Studie zeigt, sind die bei der Beschichtung dieser Textilien eingesetzten Mittel nicht unbedenklich. Auch die als bessere Alternative geltenden kurzkettigen perfluorierten Chemikalien erwiesen sich als schädlich für Gesundheit und Umwelt.
Funktionskleidung besteht aus Textilien, die dank spezieller Beschichtung wasserdicht, öl- und schmutzabweisend und trotzdem atmungsaktiv sein sollen. Meist werden dafür fluorhaltige Kohlenwasserstoffe verwendet, deren kettenförmige Moleküle dem Material die gewünschten Eigenschaften verleihen. Doch es gibt eine Schattenseite: Schon seit einiger Zeit ist bekannt, dass langkettige Fluorkohlenstoffe wie die Perfluoroktansäure (PFOA) oder Perfluoroktansulfonat (PFOS) gesundheitsschädlich sein können. Zudem sind diese perfluorierten Chemikalien in der Umwelt kaum biologisch abbaubar.
Ist kurzkettig besser?
Die Verwendung dieser Fluorverbindungen ist deswegen in der EU seit 2016 stark eingeschränkt. Viele Hersteller von Funktionskleidung sind deshalb inzwischen auf Ersatzchemikalien umgestiegen. “Heute setzt die Industrie vermehrt kurzkettige (C4-C&) perfluorierten Kohlenwasserstoffe oder deren Derivate ein”, erklären Stefan Stolte von der Technischen Universität Dresden und seine Kollegen. “Bisher wurden kurzkettige PFC als gute Alternativen für die langkettigen angesehen.”
Doch sind diese Alternativen wirklich unbedenklicher für Mensch und Umwelt? Das haben Stolte und sein Team nun in einem Projekt untersucht. Dafür wählten sie 18 Chemikalien aus, die zur Beschichtung oder als Hilfsstoffe im Beschichtungsprozess von der Textilindustrie eingesetzt werden. Unter diesen waren drei fluorhaltige Kohlenwasserstoffe mit Kettenlängen von vier, sechs und acht Kohlenstoffatomen, sowie fluorfreie Alternativen. Zunächst prüften die Forscher, wie viel über die gesundheitlichen und biologischen Wirkungen der Chemikalien bisher bekannt ist und werteten auch die Produktdatenblätter aus. Dann führten sie eigene chemische und biologische Analysen durch.
“Schädlich bis toxisch”
Das Ergebnis: In Bezug auf die Giftigkeit für Wasserorganismen besaßen sowohl die fluorhaltigen als auch die fluorfreien Chemikalien eine “moderate akute Ökotoxizität”, wie die Forscher berichten. Sie stuften fast alle Beschichtungsmittel als schädlich bis toxisch ein. Zudem wiesen sie in allen Mitteln flüchtige organische Gefahrenstoffe nach – viele davon waren jedoch in den Datenblättern der Hersteller nicht aufgeführt. “Im Labor haben wir unter kontrollierten Bedingungen nachgewiesen, dass krebserregende, giftige oder gesundheitsschädliche Verbindungen zur Herstellung der Textilien verwendet werden”, sagt Stolte.
Das Problem dabei: Ohne kontrollierte Umweltstandards bei der Produktion können die Chemikalien über das Abwasser ungehindert in die Gewässer und die Umwelt gelangen. Kurzkettige perfluorierte Chemikalien könnte sich dabei sogar noch weiter und schneller ausbreiten als die langkettigen, weil sie mobiler sind, wie die Forscher berichten. “Das Herstellen des Materials ist häufig eine erhebliche Gefahr für Mensch und Umwelt, wenn keine hohen Standards in der Arbeitssicherheit, gut ausgerüstete Produktionsstätten, kein geschultes Personal und kein gutes Abfall- und Abwassermanagement damit einhergehen”, betont Stolte. Bei vielen Produktionsstätten beispielsweise in Asien sei dies der Fall.
Wasserfest genügt für den Alltag
Nach Ansicht der Wissenschaftler sind demnach auch die kurzkettigeren Alternativen zu den langkettigen Fluorkohlenwasserstoffen mit Gesundheits- und Umweltrisiken verbunden. Daher sollten Verbraucher auf Funktionskleidung, die neben Wasser auch Öl und Schmutz abweist, besser verzichten. “Bei persönlicher Schutzkleidung wie im Krankenhaus oder bei der Feuerwehr macht der Einsatz von öl- und schmutzabweisenden Materialien Sinn”, sagt Stolte. Aber im normalen Alltag und bei der Freizeitgestaltung würden atmungsaktive und wasserabweisende Funktionen reichen, die auch ohne fluorhaltige Chemikalien erzielt werden könnten und im Markt auch angeboten würden.
Quelle: Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), Abschlussbericht