Der afrikanische Graupapagei kennt trotz seines nur walnussgroßen Gehirns die Bedeutung der “Null”. Dieser abstrakte Begriff wird von Kindern normalerweise erst ab einem Alter von drei oder vier Jahren verstanden. Bei höher entwickelten Tieren zeigen nur Schimpansen und möglicherweise auch Totenkopfäffchen ein Verständnis für dieses Konzept.
Alex, der 28 Jahre alte Graupapagei aus dem Forschungslabor der Brandeis University in Waltham (USA), benutzte während einer Testsitzung spontan den Begriff der “Null”, um die Abwesenheit einer Menge zu beschreiben. Diese Entdeckung regte die Forscher um Irene Pepperberg zu einer Versuchsreihe an, bei der der Papagei unterschiedliche Zählaufgaben lösen musste. Tatsächlich konnte Alex bei allen Aufgaben die Null durchgehend richtig angeben. Dies zeige, erklärt Pepperberg, dass das Vogelgehirn höhere Denkprozesse ausführen könne als bisher angenommen. Und dies, obwohl es kleiner und weniger hoch organisiert sei als ein Säugetiergehirn.
Historisch gesehen ist das Verständnis des Begriffes “Null” erst im Lauf der kulturellen Entwicklung des Menschen entstanden. So existierte bis zum späten Mittelalter in vielen Volksgruppen gar kein Begriff, um die Abwesenheit einer Menge zu beschreiben.
Auch autistische oder lernbehinderte Kinder können Schwierigkeiten haben, das Konzept der “Null” zu verstehen. Nun machen sich Pepperberg und ihre Kollegen die Methoden des Vogeltrainings zu Nutze, um auch behinderten Kindern Zahlbegriffe nahezubringen. Dabei verwenden sie vor allem Techniken des Modelllernens. Bisher zeige das Training in kleinen Gruppen autistischer Kinder vielversprechende Ergebnisse, sagt Pepperberg.
Irene Pepperberg ( Brandeis University in Waltham, USA) et al.: Journal of Comparative Psychology, Bd. 119 (2), S. 197
Christine Amrhein