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Kommunikativ blinkende Blitzlichtfische

Biolumineszenz

Kommunikativ blinkende Blitzlichtfische
Blitzlichtfische besitzen unter den Augen ein mit biolumineszenten Bakterien gefülltes Leuchtorgan, das sich verschließen lässt, sodass ein Blink-Effekt entsteht. (Bild: Stefan Herlitze, RUB-Lehrstuhl Allgemeine Zoologie und Neurobiologie)

Wozu dienen diese skurrilen Scheinwerfer unter den Augen? Eine Studie zeigt, wie Blitzlichtfische ihre biologische Leuchtkraft für die Koordination des Schwarmverhaltens nutzen. Bei Bedrohungen blinken sie demnach durch eine Art Blinzeln häufiger mit ihren Leuchtorganen. Dieser „Morsecode“ veranlasst die Schwarmfische dann näher zusammenzurücken, geht aus Experimenten in Wassertanks und Beobachtungen bei Tauchgängen im Lebensraum der Blitzlichtfische hervor.

Biolumineszenz heißt das Fachwort: Manche Lebewesen können durch chemische Prozesse Licht erzeugen. Das bekannteste Beispiel ist dabei das Glühwürmchen, doch das Phänomen findet sich auch bei vielen anderen Organismen – von den Einzellern bis zu den Wirbeltieren. Einige Fischarten gehören ebenfalls zur Gemeinde der biolumineszenten Lebewesen. Doch eigentlich bringen sie nicht selbst die Strahlkraft hervor – sie nutzen stattdessen symbiotische Bakterien. Diese biolumineszenten Mikroben sitzen in bestimmten Organen der Fische und bringen sie zum Leuchten. Das gilt auch für die Blitzlichtfische (Anomalops katoptron), die in den tropischen Gewässern des Indopazifiks vorkommen.

Wie eine Milchstraße im Wasser

Die bis zu 35 Zentimeter langen Fische besitzen unter den Augen ein Leuchtorgan, das mit biolumineszenten Bakterien gefüllt ist. Dieses Organ lässt sich auch verschließen, sodass es aussieht, als würden die Tiere blinken. Die Blitzlichtfische verstecken sich tagsüber in Höhlen, Felsspalten oder im dunklen Wasser bis zu einer Tiefe von 400 Metern. „In den dunklen Nächten wandern dann allerdings bis zu tausend Individuen in einem Schwarm ins planktonreiche Oberflächenwasser“, sagt Peter Jägers von der Ruhr-Universität Bochum. „Es ist eine surreale Erfahrung, die Schwärme zu sehen – wie eine Milchstraße im Wasser“, sagt der Forscher, der die Fische bei einer Tauch-Expedition im Indopazifik selbst in der Natur beobachten konnte.

Bereits seit einiger Zeit erforschen Jägers und seine Kollegen das Biolumineszenzsystem der Blitzlichtfische allerdings auch an in Gefangenschaft gehaltenen Exemplaren an der Ruhr-Universität Bochum. Um die Funktion der Blinkmuster zu verstehen, untersuchten sie im Rahmen ihrer aktuellen Studie das Verhalten einiger Versuchstiere in einem speziellen Wassertank. Darin befanden sich digital steuerbare Fischattrappen, die die Leuchtsignale der Tiere nachahmen konnten. Bei den Versuchen zeichneten die Wissenschaftler die Bewegungen einzelner Tiere als Reaktion auf die künstlichen Blitzlichter mit Infrarot-Kameras auf.

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Schnelles Blinken mit Anziehungskraft

Aus den Untersuchungsergebnissen ging hervor: Platzierten die Forscher eine einzelne Blitzlichtattrappe in der Mitte des Tanks, hielten sich die Fische umso näher dazu auf, je schneller das Licht blinkte. In einem weiteren Versuch positionierten sie dann 13 Lichter ringsum den Tank, die nacheinander mit unterschiedlichen Zeitabständen aufleuchteten. „Wir haben dabei eine hohe Motivation der Blitzlichtfische festgestellt, sich an den Lichtreizen zu orientieren“, berichtet Jägers. Aus diesen Ergebnissen folgerten die Forscher, dass ein schnelleres Blinken ein Signal für die Tiere ist, sich dichter zu ihren Artgenossen zu gesellen – einen kompakteren Schwarm zu bilden. Dies könnte dazu dienen, sich in der Gruppe besser vor Räubern zu schützen.

Diese Interpretation der Ergebnisse konnte das Team anschließend bei nächtlichen Tauchgängen im natürlichen Lebensraum der Blitzlichtfische bestätigen. Die Wissenschaftler warteten dabei in der Dunkelheit, bis sich ein Schwarm der Tiere näherte und die Unterwasserwelt in einen „Sternenhimmel“ verwandelte. Mit schwachem Rotlicht löste das Bochumer Team dann Angstreaktionen bei den Fischen aus und zeichnete gleichzeitig mit speziellen Kameras deren Blinkmuster auf. Die Auswertungen zeigten dann: Stress ist tatsächlich mit einer erhöhten Blinkfrequenz verbunden.

„Wir gehen davon aus, dass die erhöhte Blinkfrequenz das Signal ist, sich unter Stress näher an den anderen Gruppenmitgliedern zu orientieren“, sagt Jägers. „In unserer Studie konnten wir damit erstmals einen präzisen Zusammenhang zwischen visuell kommunizierten Signalen unter eingeschränkten Lichtverhältnissen, wie sie bei Nacht oder in der Tiefsee herrschen, und der Schwarmformation von Fischen darlegen. Wir hoffen, dass diese Erkenntnisse bei zukünftigen Studien beispielsweise der weitestgehend unerforschten Fische der Tiefsee ebenfalls hilfreich sein können“, so der Wissenschaftler.

Quelle: Ruhr-Universität Bochum, Fachartikel: Scientific Reports, 2021, DOI: 10.1038/s41598-021-85770-w

Video: Ein Schwarm von Blitzlichtfischen im Indo-Pazifik. Credit: Ruhr-Universität Bochum

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