Der Klimawandel bedroht nicht nur die Zukunft der menschlichen Gesellschaften, er schadet auch der Natur und Artenvielfalt. Wie nun eine Studie aufzeigt, gefährdet dies auch das Erreichen internationalen Ziele für den Erhalt der biologischen Vielfalt: Wird der Klimawandel nicht stärker berücksichtigt, gehen viele gut gemeinte Schutzmaßnahmen unter Umständen ins Leere, warnen Wissenschaftler.
Zerstörer Mensch: Längst belegen Studien, dass der Mensch der biologischen Vielfalt unseres Planeten schadet. Demnach sind beispielsweise eine Millionen Tier- und Pflanzenarten weltweit akut gefährdet und das sechste große Massenaussterben damit in vollem Gange. Verantwortlich dafür sind unter anderem die intensive Landnutzung durch uns Menschen, die natürliche Lebensräume zerstört, aber auch die Umweltverschmutzung und die Einschleppung invasiver Arten.
Wie stark trifft der Klimawandel den Artenschutz?
Auch der Klimawandel beeinträchtigt die Verbreitung und das Überleben von Tier- und Pflanzenarten weltweit. So bereitet die Erwärmung von Land und Meer vielen Spezies bereits Probleme. Einige wandern in kühlere Gebiete ab, andere können sich jedoch nicht gegen besser angepasste Konkurrenz durchsetzen. In vielen Regionen wird es zudem trockener, so dass Pflanzen und Tiere mit weniger Wasser zurechtkommen müssen. Wie stark die Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität und den Artenschutz sind, hat nun ein internationales Forscherteam um Almut Arneth vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) näher untersucht.
Die Forscher wollten insbesondere prüfen, ob die geltenden Ziele zum Schutz der Biodiversität den Klimawandel ausreichend berücksichtigen. In ihrer Studie analysierten die Wissenschaftler dafür die sogenannten Aichi-Ziele zum weltweiten Biodiversitätsschutz. Diese wurden bei der zehnten Vertragsstaatenkonferenz der Biodiversitätskonvention der UN im Jahr 2010 verabschiedet und sollten bis 2020 erreicht werden. Ebenso befasste sich das Team mit den derzeit von den beteiligten Staaten verhandelten revidierten Schutzzielen, die bis 2030 beziehungsweise 2050 erreicht werden sollen.
Effekt von Schutzmaßnahmen beeinträchtigt
Dabei zeigte sich: Die Erderwärmung beschleunigt den Schwund der biologischen Vielfalt stärker als bisher angenommen. „Neben der Ausbeutung natürlicher Ressourcen wie Land und Wasser sowie der Umweltverschmutzung führt auch der Klimawandel zum Verlust an biologischer Vielfalt und wird sich künftig diesbezüglich noch stärker auswirken“, betont Arneth. Deshalb seien die bestehenden und neu vorgeschlagenen Ziele zum Schutz der Biodiversität durch die Erderwärmung stark gefährdet – selbst wenn diese an der unteren Grenze der Prognosen bliebe, sagen die Forscher.
„Es ist sicher eine große Herausforderung, aber auch eine wichtige Gelegenheit, die Biodiversitätsziele genauer mit dem Pariser Abkommen zum Klimaschutz und den Zielen für nachhaltige Entwicklung abzustimmen“, erläutert Arneth. Deshalb sollten die vorgeschlagenen Biodiversitätsziele den Klimawandel deutlich stärker berücksichtigen. So zum Beispiel das Ziel, Naturschutzgebiete als Rückzugsort für Pflanzen und Tieren zu erhalten. Der Klimawandel spielt dabei eine entscheidende Rolle, denn bestimmte Pflanzen- und Tierarten wandern aus den Gebieten aus oder sind bedroht, wenn sich die klimatischen Bedingungen verändern. Wenn beispielsweise Gebirgsgletscher durch die globale Erwärmung schrumpfen, fehlt es in tiefer liegenden Tälern im Sommer an Schmelzwasser. Dann kann selbst ein Schutzgebiet im Tal den dort lebenden Pflanzen und Tiere wenig helfen.
Naturschutz hilft auch gegen den Klimawandel
Dass der Klimawandel und die Biodiversität zusammenhängen, zeigte sich aber auch umgekehrt: So wiesen die Wissenschaftler in ihrer Studie nach, dass die Maßnahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt auch zum Klimaschutz beitragen und den Klimawandel abmildern können. „Eine bessere Abstimmung von politischen Abkommen und wissenschaftlichen Erkenntnissen kann sowohl die dringende Dekarbonisierung der Wirtschaft beschleunigen als auch gewährleisten, dass der Klimawandel durch Maßnahmen zum Biodiversitätsschutz gebremst wird“, fasst Arneth zusammen.
Die Forscher fordern deshalb, den menschengemachten Ausstoß von Treibhausgasen rasch und deutlich zu verringern und den Klimawandel zu stoppen. Zudem sei es nötig, mithilfe von flexiblen Methoden im Naturschutz dynamisch auf die schon eintretenden Folgen des Klimawandels für Lebensräume und Arten zu reagieren.
Quelle: Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Fachartikel: Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.2009584117