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Ist die Banane noch ein Naturprodukt?

Erde|Umwelt

Ist die Banane noch ein Naturprodukt?
Bananen
Bananen sind beliebt, aber extrem vom Menschen geprägt. (Bild: Travenian/ iStock)

Die Banane ist hierzulande eine der beliebtesten Früchte. Doch wie natürlich ist das gelbe Gewächs noch, wenn es nach 8000 Kilometern Reise bei uns ankommt? Nach Ansicht eines Forschungsteams steckt heute in der Banane so viel menschlicher Einfluss, dass sie eher ein “Biofakt” als ein Naturprodukt ist. Die Eingriffe reichen vom Anbau über den Transport bis zur Nachbehandlung.

Die Banane gehört bei uns mit jährlich etwa 15 Kilogramm pro Kopf zu den am meisten verzehrten Früchten. Ihre robuste Schale, die angenehme Süße sowie ihre sättigende Wirkung haben sie in den Industrienationen zu einem beliebten Snack gemacht. Allein nach Deutschland werden jährlich über eine Millionen Tonnen Bananen importiert – vor allem aus Tropengebieten wie Ecuador, Kolumbien und Costa Rica, wo sie als Exportfrucht einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor darstellt.

“Biofakt” statt Naturprodukt

Aber ist die Banane, wie wir sie bei uns kaufen können, wirklich noch ein Naturprodukt? Genau dieser Frage sind jetzt Wissenschaftler um Linda Hering von der Technischen Universität Berlin auf den Grund gegangen. Dafür untersuchten sie die karibische Banane in deutschen Supermärkten und wollten herausfinden, inwieweit die gelbe Frucht und ihr Werdegang inzwischen vom Menschen geprägt ist. Ihr Ergebnis: Die heute bei uns zu kaufende Banane ist das Ergebnis des menschlichen Handelns. Sie ist ein nach den Wünschen des Menschen technisch gestaltetes Biofakt. „Der Begriff Biofakt leitet sich ab aus dem Lateinischen bios für Leben und facere für machen”, erklärt Hering. “Die Banane hat zwar noch einen lebendigen, biologischen Anteil, aber der überwiegende Teil von dem, was unsere Super- und Biomarkt-Banane ausmacht, ist vom Menschen gemacht.”.

Dafür spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. „Dass aus der Banane ein Biofakt wurde, ist das Ergebnis der vielfachen technischen Einflussnahme des Menschen an vielen unterschiedlichen Orten“, sagt Hering. „Der Anbauort, der EU-Binnenmarkt mit seinen Verordnungen, die Anforderungen der Logistik und der Handel formen die Banane in ihrer Beschaffenheit, ihrer Materialität.“ Der erste Faktor, der die gelbe Frucht bestimmt, ist der Anbau. Weil sie meist in Monokultur angebaut wird, muss die Banane sehr robust sein, denn diese Anbauform ist für Schädlings- und Krankheitsbefall wie Pilze besonders anfällig. Ebenso muss die Banane resistent genug für den weiten Transport und die Lagerung sein.

Nach unseren Ansprüchen geformt

„Die in Europa angebotenen Bananen wachsen in Mittelamerika und in der Karibik, also vom Verkaufsort etwa 8000 Kilometer entfernt, da sie in Europa – abgesehen von Ausnahmen wie der Inseln Madeira und den Kanaren – nicht zu kultivieren sind“, erklärt Hering. „Damit das leicht verderbliche Obst in den Supermärkten Deutschlands und Europas verkauft werden kann, sind viele Voraussetzungen zu erfüllen.“ So geben unter anderem die Standards von Unternehmen und Abnehmerländern vor, welche Sorte auf den Plantagen am besten für den langen Transport und die Lagerung geeignet ist. Beispiel dafür sind EU-Regelungen wie die Verordnung, dass eine in die Europäische Union eingeführte Banane mindestens 14 Zentimeter lang und mindestens 2,7 Zentimeter dick sein muss. Solche Anforderungen prägten die Sortenauswahl so sehr, dass auf den Plantagen weltweit heute hauptsächlich die Sorte Cavendish angebaut wird und es in Deutschland zum größten Teil nur noch diese Standard-Sorte zu kaufen gibt.

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Hinzu kommen die Erwartungen der Käufer: Viele möchten Bananen, die wenig kosten, makellos aussehen und immer verfügbar sind. Anderen ist wichtiger, dass die Plantagenarbeiter fair bezahlt werden und der Anbau umweltschonend ist. „Auch diesem Spagat zwischen Ansprüchen an ein Massenprodukt und sich immer mehr individualisierenden Wünschen muss das Produkt Banane gerecht werden“, betont Hering.

Alles hängt zusammen

Damit die Banane nach dem Transport, der Lagerung, und Verteilung in die Supermärkte noch frisch und makellos aussieht, ist einiges an Technik und Nachbehandlung der zunächst grasgrün geernteten Bananen erforderlich:: „Da sie das Reifegas Ethylen abgibt, wird 90-mal pro Stunde die Luft in den Kühlcontainern gewechselt und die Transporttemperatur liegt bei 13 Grad Celsius“, schildert Hering. „So wird die Reifung während des Transports weitestgehend unterbunden. Sensoren überwachen die Parameter. Erst wenn sie in den Reifezentren angekommen ist und der Groß- oder Einzelhandel eine bestimmte Menge bestellt, wird exakt die bestellte Menge von einem Reifemeister angegast – durch die Zugabe von Ethylen“, erklärt die Forscherin weiter. Die Reifung der Banane wird dadurch wieder angetrieben und sie landet „angereift“ im Supermarkt. Auch diese Prozeduren wird das gelbe Obst nach Ansicht des Forschungsteams zu einem vom Menschen erschaffenen und manipulierten Produkt.

„Was wir anhand der Banane herausarbeiten konnten, ist, dass die Räume – Anbauort, Logistik als Transitraum, und der Einkaufsort –, in denen die Banane erschaffen wird, aufeinander wirken und sich gegenseitig bedingen“, resümiert Hering. Dass die Banane verderblich ist, wirkt sich auf die Logistik aus, indem sie dort angegast wird. Und die Tortur des Transportes und der Lagerung beeinflusst wiederum den Anbau und die Wahl der Sorte, die möglichst resistent sein muss, um sie in immer gleicher Menge und Qualität verkaufen zu können, so das Forscherteam. Das wiederum fördert den Anbau von Monokulturen in den Anbauorten Mittelamerikas und in der Karibik, lässt Biodiversität schwinden und beschädigt unter anderem Ökosysteme.

Quelle: Technische Universität Berlin

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