Persönliche Vorlieben, politische Einstellungen und der Kunstgeschmack sind im rechten vorderen Gehirn lokalisiert. Das behaupten amerikanische Forscher, die Menschen mit beschädigten Stirn- und Schläfenlappen des Gehirns untersucht haben. Die meisten Untersuchten mit einer Störung im rechten Stirnhirn veränderten ihren individuellen Lebensstil und ihre Anschauungen, fanden die Forscher. Schädigungen anderer Hirnteile lies die Persönlichkeit der Betroffenen dagegen weitgehend unverändert, schreiben die Forscher im Magazin “Neurology” (Bd. 57, S. 817).
Das Team um Bruce Miller von Universität Kalifornien in San Francisco suchte im Gehirn den Sitz der “Eigenschaften, die einem Menschen von einem anderen unterscheidet”. Sie studierten dazu Menschen, die an einer sogenannten “Fronto-temporalen Demenz” litten. Bei den Betroffenen sind Stirn- und Schläfenlappen geschädigt. Beide Hirnregionen gelten unter Forschern als die Teile des Gehirns, die bewusstes Denken ermöglichen.
Insgesamt 72 Patienten untersuchten die Wissenschaftler. Grundlegende Veränderungen in der Persönlichkeit fanden die Psychologen in dem Forscherteam aber nur bei Menschen mit einem beschädigten rechten Stirnhirn.
So wandelte sich eine Frau ihren 60-zigern zu einer anti-konservativen Tierrechtlerin – eine Einstellung, die ihr vor der Hirnschädigung fern stand. Ein andere Patientin, die bisher penibel auf ihre Gesundheit geachtet hatte, fing an zu rauchen und kaufte fortan billige Fertiggerichte. Und ein 40-jähriger konservativer Geschäftsmann, der sehr puritanisch eingestellt war, veräußerte seine Firma, ging nur noch Gelegenheitsjobs nach und entwickelte eine Vorliebe für sexuelle Experimente.
“Diese Menschen haben ihr Selbstkonzept verloren, obwohl ihr Gedächtnis und auch ihre Sprache sich nicht verändert hatten”, schreiben die Forscher. “Ein funktionierendes rechtes Stirnhirn ist demnach Voraussetzung, um das eigene Selbst zu erhalten.”
ddp/bdw – Andreas Wawrzinek