Das Team um Henrike Scholz interessierte sich nun dafür, wie Alkoholtoleranz und später Abhängigkeit entstehen. Ihr Untersuchungsobjekt war das Haustier der Genetiker, die Taufliege Drosophila, die auf Alkohol ? ähnlich wie der Mensch ? mit Hyperaktivität und unkontrollierten Bewegungen reagiert. Werden die Fliegen jedoch mehrmals Alkoholdämpfen ausgesetzt, vertragen sie bereits beim zweiten Mal deutlich mehr Alkohol als bei der ersten Bedampfung.
Auf der Suche nach Genen, die für diese Toleranzentwicklung notwendig sind, stießen die Forscher auf “Hangover”. Fliegen, denen dieses Gen fehlt, sind zum einen Alkohol gegenüber deutlich empfindlicher und zeigen keine steigende Toleranz. Zum anderen sterben die veränderten Insekten schneller, wenn sie großer Hitze oder dem hochgiftigen Herbizid Paraquat ausgesetzt werden. Die Wissenschaftler vermuten daher, dass “Hangover” generell wichtig ist, wenn es um die Bewältigung von Umweltstress geht.
Ein ähnlicher Mechanismus könnte auch beim Menschen ablaufen, erklären die Forscher. So gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass Stress sowohl auf zellulärer als auch auf körperlicher Ebene zum Suchtverhalten beitragen kann ? ein Mechanismus, der unter den Lebewesen weit verbreitet zu sein scheint. Die Forscher sind daher zuversichtlich, dass Fruchtfliegen sich auch für weitere Studien der Alkoholabhängigkeit als nützlich erweisen werden.
Henrike Scholz (Universität Würzurg) et al.: Nature, Bd. 436, S. 845