Dank ihrer Ultraschall-Ortung sind Fledermäuse wahre Meister der Orientierung: Sie navigieren damit selbst im Stockdunkeln und spüren noch kleinste Fluginsekten auf. Praktisch auch: Gängiger Annahme nach kostet die Erzeugung der Ultraschallaute die Fledermäuse kaum Energie. Doch nun haben Forscher dies als Irrtum entlarvt. Müssen die Fledermäuse Störrauschen übertönen oder ihre Rufreichweite erhöhen, wird es für sie teuer.
Lautäußerungen sind für die meisten Tiere überlebenswichtig. Denn mit ihrem Rufen, Brüllen, Quaken, Zwitschern oder Singen locken Tiere potenzielle Partner an, vertreiben Konkurrenten oder suchen nach Beute. Einige Tiere erreichen dabei eindrucksvolle Lautstärken. Ganz vorn im Konzert der Lautesten spielen die Fledermäuse mit. Zwar sind ihre Ultraschallaute für menschliche Ohren nicht hörbar, aber sie erreichen einen hohen Schalldruck von bis zu 137 Dezibel.
Fledermäuse im Windkanal
Um diese lauten und damit möglichst weitreichenden Echoortungslaute hervorzubringen, nutzen die Fledermäuse fast ihren gesamten Körper. Sie synchronisieren dafür die Bewegung der Bauchdecke mit den Kontraktionen ihrer großen Flugmuskeln. Wenn sich das Zwerchfell hebt, erzeugt dies einen Druck in der Lunge, der den Tieren beim Ausstoß der Luft durch die Stimmbänder hilft. Gängiger Lehrmeinung nach reicht dieser durch den Flügelschlag automatisch entstehende Druck in den Lungen aus, um an den Stimmbändern auch sehr laute Töne zu produzieren. Der Energieverbrauch von fliegenden Fledermäusen sollte demnach also etwa konstant bleiben, egal ob sie laut oder leise rufen.
Ob das stimmt, haben nun Forscher um Shannon Currie vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Experimenten überprüft. Dazu ließen sie unter kontrollierten Bedingungen Rauhautfledermäuse (Pipistrellus nathusii) frei in einem Windkanal fliegen. In diesem herrschte ein lautes Hintergrundrauschen, das die Fledermäuse dazu animierte, den Lärm mit intensiverer Echoortung zu übertönen. Um den Energieverbrauch der Tiere zu ermitteln, hatten die Forscher ihnen zuvor eine Lösung verabreicht, die mit dem Kohlenstoffisotop C13 markiert war. Weil dieses Isotop verstoffwechselt wird und wieder in der Ausatemluft der Fledermäuse landet, ließ sich so ermitteln, ob lautere Rufe die Tiere mehr anstrengten als leisere.
Höhere Energiekosten als gedacht
Es zeigte sich, dass die Fledermäuse bei Störlärm wirklich lauter rufen: “In der normalen Geräuschkulisse des Windkanals lag die Rufintensität der Tiere bei durchschnittlich 113 Dezibel”, berichtet Currie. “Bei einem zugeschalteten Lärmpegel von 109 Dezibel steigerten die Fledermäuse die Schalldruckpegel der Rufe auf bis zu 128 Dezibel.” Das bedeutet, dass die Fledermäuse im Lärm 30-mal lauter riefen als ohne ihn. Wie aber wirkte sich dies auf den Energieverbrauch der Tiere aus? Die Messungen der Ausatemluft ergaben, dass der Energieumsatz der Fledermäuse während der Flüge mit erhöhter Geräuschkulisse um 0,12 Watt anstieg.
Das aber bedeutet: Entgegen früheren Annahmen ist die intensivere Echoortung keineswegs “gratis”, sondern kostet die Fledermäuse viel zusätzliche Energie – und diese müssen sie dann zusätzlich durch Futter aufnehmen. Würde eine Fledermaus die ganze Nacht wegen Lärms lauter rufen, müsste sie etwa 0,5 Gramm zusätzliche Insektenbeute fangen – etwa ein Vierzehntel ihres Körpergewichtes. Für ein Tier, das selbst nur sieben Gramm wiegt, ist das eine enorme Menge. “Eine Fledermaus auf Beutesuche kann demnach die Intensität und somit die Reichweite ihrer Rufe nicht nach Belieben erhöhen”, erläutert Curries Kollege Christian Voigt. “Vielmehr muss sie laute Rufe sparsam und gezielt einsetzen und einen guten Kompromiss zwischen dem damit verbundenen Energieverbrauch und der Effizienz der Echoortung finden.”
Quelle: Forschungsverbund Berlin; Fachartikel: Nature Ecology & Evolution, doi: 10.1038/s41559-020-1249-8