US-Chirurgen haben erstmals über eine Distanz von 6.000 Kilometern operiert. Mit der Hilfe einer Videokonferenz und dem Einsatz von Operationsrobotern entfernten drei Ärzte von New York aus via Datenleitung in Straßburg eine Gallenblase einer 68-jährigen Patientin in 54 Minuten. Diese erste transatlantische Tele-Operation am Menschen verlief ohne Komplikationen. Die Mediziner veröffentlichen ihre Ergebnisse in einer kommenden Ausgabe des Fachmagazins “Nature”. Für die Sicherheit der Patientin standen neben dem “Surgical Robot System ZEUS” zwei menschliche Chirurgen zur Seite. Im Notfall hätten die Ärzte den Roboter ausgeschaltet und die Operation per Hand beendet.
Für diesen Durchbruch im Bereich der Telemedizin nutzten die Wissenschaftler eine Standleitung mit einer Bandbreite von zehn Megabits pro Sekunde. So konnten die Chirurgen in New York mit nur 155 Millisekunden Verzögerung beobachten, welche Schnitte der ferngesteuerte Roboter in Straßburg auf ihre Befehle hin machte. Diese Zeitverzögerung, die sich durch die Länge der Datenleitung von etwa 14.000 Kilometer ergibt, stellte bislang ein großes Problem in Fernoperationen dar, da ein Eingriff bei einer Verzögerung von mehr als 330 Millisekunden nicht mehr verantwortbar ist.
Mit dem Einverständnis der Patientin und der zuständigen Ethik-Kommission konnten die Mediziner der Louis Pasteur Universität in Straßburg zusammen mit den Chirurgen des Mount Sinai Medical Center in New York ihre Technik am Menschen erproben, nachdem viele Versuche an Schweinen vorausgegangen waren. Die Zuverlässigkeit der Datenleitung garantierten Computerexperten von der University of California in Santa Barbara.
Eine Entfernung einer Gallenblase gilt als relativ einfacher Eingriff, den Chirurgen überall auf der Welt ohne weitere Probleme durchführen können. Doch aufbauend auf diesen ersten Erfolg, könnte diese Technik für eine Fernoperation bei komplizierten Eingriffen, die nur von wenigen Experten beherrscht werden, sinnvoll angewendet werden. Der Experte bräuchte nicht mehr extra für eine dringende Operation eingeflogen werden, sondern könnte sie ferngesteuert von seinem Heimatkontinent aus durchführen. Voraussetzung dafür ist eine entsprechende Ausstattung in den Kliniken mit Operationsrobotern und Steuerkonsolen. Die Zuverlässigkeit und die Bandbreite von normalen Internet-Verbindungen reicht heute jedoch noch nicht für solche Operationen aus.
Jan Oliver Löfken