Die Larven des Kleinen Moorbläulings imitieren die Haut von Larven der Knotenameise so gekonnt, dass die heranwachsenden Schmetterlinge in den Ameisenstaat aufgenommen werden. Dort werden sie von den Arbeiterinnen gefüttert und erfahren dabei sogar eine Vorzugsbehandlung. Dies gefährdet den Ameisennachwuchs und führt zu einer Verkleinerung der Kolonie.
Der Kleine Moorbläuling legt seine Eier auf die Moorpflanze
Lungenenzian, von der sie nach mehreren Häutungen herabfallen. Einige Larven werden von Arbeiterinnen der Ameisengattung Myrmica aufgesammelt und in den Ameisenhaufen gebracht, wo sich die Larven bis zu ihrer Verpuppung entwickeln. Die Ameisen füttern während dieser Zeit den Parasiten bevorzugt und vernachlässigen dabei die eigenen Nachkommen. Die Schmetterlingslarven täuschen die Ameisen durch die chemische Oberflächenstruktur ihrer Außenhaut, die der Haut der Wirtslarven nachempfunden ist. Je näher sie dabei dem Original kommt, desto eher werden die Wirtsameisen getäuscht und die Schmetterlingslarven von ihnen aufgesammelt.
Eine der zwei Wirtsarten, die Knotenameise Myrmica rubra, begegnet dieser Gefahr mit einer eigenen evolutionären Anpassung, fanden die Forscher heraus: In infizierten Kolonien verändern die Ameisenlarven die Oberfläche ihrer Außenhaut so weit, bis sie wieder von den Parasiten unterschieden werden kann. Die auf diese Weise entstehende gemeinsame Evolution von Wirt und Parasit führt zu einer Entfremdung zwischen Kolonien dieser Ameisenart, erklären die Wissenschaftler. Diese Entwicklung geht sogar so weit, dass sich diese nicht mehr untereinander fortpflanzen können.
Die zweite vom Parasitenbefall betroffene Ameisenart Myrmica ruginodis verändert dagegen ihre Oberflächenstruktur fast gar nicht und ermöglicht dem Kleinen Moorbläuling so auch in Phasen der schlechten Anpassung an Myrmica rubra das Überleben.
David Nash (Institut für Genetik und Ökologie, Kopenhagen): Science, Band 319, S. 88 ddp/wissenschaft.de ? Livia Rasche