Das männliche Haushuhn greift daher schon frühzeitig in den Vaterschaftswettstreit ein, indem es den Hang seiner Hühner zur Promiskuität von vornherein unterdrückt. Pizzari und seine Kollegen nutzten eine einfache Methode, um die Strategie der Hähne zu überprüfen: Mithilfe eines Plastikgurtes verschlossen die Forscher das Geschlechtsorgan der Hühner und verhinderten so eine tatsächliche Besamung. So konnten sie die Wirkung einer effektiven und einer vorgetäuschten Paarung klar voneinander unterscheiden.
Es zeigte sich, dass schon die Paarungsimitation allein den Drang der Henne zu anderen Partnern deutlich verringerte. Gleichzeitig reduzierte die samenlose Besteigung noch zwei bis vier Tage später die Menge an Spermien, die effektiv von fremden Hähnen auf das Huhn übertragen werden konnten. Indem ein Hahn also einem Huhn nach einer erfolgten Paarung weitere Kopulationen vorspielt, erhöht er die Chancen seines eigenen Samens im Konkurrenzkampf um die Eizellen und spart gleichzeitig in der Spermienproduktion.
Damit ist bewiesen, erklären die Wissenschaftler, dass das auf den ersten Blick rätselhafte Verhalten von vorgetäuschtem Sex durchaus einen evolutionären Nutzen hat. Da sich diese Strategie sowohl bei wild lebendem als auch bei Hausgeflügel findet, scheint sie nicht als Folge einer Domestizierung entstanden zu sein. Zudem ist sie recht weit verbreitet: Auch andere Vögel, wie etwa Pinguine, und Insekten, wie die Taufliege Drosophila, bedienen sich ähnlicher Methoden. Künftige Studien sollen den genauen hormonellen Mechanismus klären, der dieser Fortpflanzungsstrategie zugrunde liegt.
Tommaso Pizzari (Universität Oxford, England) et al.: Current Biology, Bd. 15, S. 1222