Für ihr Experiment stellten Day und Reynolds sechs Freiwilligen die Aufgabe, ihren Rumpf um 10 Grad seitlich zu neigen. Dabei mussten sie einen Helm tragen, der das Sehen verhinderte, außerdem sorgte eine starre Halskrause dafür, dass Kopf und Rumpf nur gleichzeitig bewegt werden konnten. Nun stimulierten die Forscher den Sinnesnerv des Gleichgewichtsorgans, so dass dieser entweder mehr oder weniger Nervenimpulse aussendete. Auf diese Weise täuschten sie dem Gehirn vor, dass sich der Kopf mehr oder weniger schnell zur Seite bewege.
Dies hatte tatsächlich den Effekt, dass die Versuchsteilnehmer ihre Bewegung korrigierten: Je nach Art des Signals bewegten sie ihren Rumpf entweder schneller und weiter oder aber langsamer und weniger weit zur Seite. Außerdem zeigte das Experiment, dass die Signale des Gleichgewichtsorgans tatsächlich eine korrigierende Funktion haben: Wenn sich die Probanden nicht bewegten, blieben die künstlich gesetzten Impulse ohne Effekt. Offenbar zieht der Körper immer dann das Gleichgewichtsorgan mit zu Rate, wenn die Informationen der anderen Sinne nicht ausreichen, schließen die Wissenschaftler ? entweder, weil der Input zu gering ist oder weil die Bewegungen so komplex sind, dass zusätzliche Informationen benötigt werden.
Brian Day, Raymond Reynolds (University College, London): Current Biology, Bd. 15, S. 1390