Den Anlass zur Studie der Forscher um Tomer Czaczkes von der Universität Regensburg lieferte ein bräunlicher Hinweis: In den weißen Nestern aus Gips, in denen die Ameisenforscher ihre Versuchstiere stets halten, sah man an bestimmten Stellen manchmal braune Verfärbungen, die verdächtig nach Fäkalien aussahen. So entschieden sich die Wissenschaftler dieser anrüchigen Beobachtung einmal experimentell nachzugehen. Sie fütterten den Krabblern dazu Zuckerwasser, das entweder einen roten oder blauen Farbstoff enthielt.
Farben identifizieren Ameisen-Klos
Das Ergebnis war eindeutig: In jedem Nest verfärbten sich eine oder zwei Ecken – entweder rot oder blau, je nachdem mit welchem Farbstoff das jeweilige Zuckerwasser koloriert worden war. Es gibt also innerhalb eines Ameisennestes bestimmte sanitäre Anlagen, konstatieren die Forscher. Es handelt sich ihnen zufolge um ein erstaunliches Notdurft-Verhalten, denn es wirft die Farge auf: Warum verlassen die Ameisen denn nicht ihr Nest, wenn sie mal müssen?
“Für Ameisen, die genau wie Menschen in dicht gedrängten Gemeinschaften leben, ist Hygiene ein großes Problem”, betont Czaczkes. “Normalerweise halten sie deshalb ihr Nest sehr sauber und werfen Müll und Abfälle – auch Leichen – zügig aus ihrer Behausung.” Warum die Tiere hingegen ausgerechnet ihre Geschäftchen innerhalb des Nestes erledigen, ist für die Forscher deshalb mysteriös. “Hier stehen wir noch vor einem Rätsel”, sagt Czaczkes. “Gerade auch vor dem Hintergrund, dass einige Ameisenarten ihren Bau sogar mit Säure sterilisieren, um penibel für Sauberkeit zu sorgen.”
Warum verrichten die Krabbler ihre Geschäftchen nicht draußen?
Möglicherweise könnten die Fäkalien einen gewissen Nutzen für die Ameisen haben, spekulieren die Ameisenforscher. Offenbar gibt es dafür Beispiele: “Manche Insekten nutzen Fäkalien als Verteidigungswaffe, Baumaterial, Wegmarkierung oder als Dünger für ihre Pflanzen”, erklärt Czaczkes. Somit könnte es sein, dass die Ameisen-Toiletten als Lager für Stoffe dienen, denen irgendeine Bedeutung für die Krabbler zukommt. Dem Biologen zufolge sei aber durchaus auch eine simple Erklärung denkbar: “Möglich ist aber natürlich auch, dass die Ameisen einfach keine Lust haben, draußen auf die Toilette zu gehen”, so Czaczkes.
Quelle: Universität Regensburg, Fachartikel, PLoS ONE 10(2): e0118376. doi:10.1371/journal.pone.0118376