Bei Waldbränden wie zurzeit im Amazonasgebiet entstehen große Mengen an Ruß und Kohlenstaub. Wo diese bleiben, haben nun Forscher im Amazonasgebiet näher untersucht. Sie stellten fest: Dieser “schwarze Kohlenstoff” wird tatsächlich relativ zügig durch Regen und die Flüsse weggeschwemmt und gelangt so bis zur Mündung in den Atlantik. Dort jedoch scheint ein Teil davon zu verschwinden – aus bisher ungeklärten Gründen.
Waldbrände, wie sie derzeit im Amazonasgebiet wüten, setzen nicht nur Kohlendioxid frei, sondern auch große Mengen Ruß und winzige Holzkohlepartikel, die hauptsächlich aus Kohlenstoff bestehen. Ein großer Teil dieses “schwarzen Kohlenstoffs” wird über Regen und Flüsse weggespült und gelangt über den Amazonas und seine Nebenflüsse schließlich in den Atlantischen Ozean. Ein kleinerer Teil der Kohlenstoffpartikel wird zunächst mit dem Rauch der Brände weggetragen und sinkt erst dann wieder zur Oberfläche zurück. Auch er kann dann über Niederschläge ausgeschwemmt werden und letztlich in Flüssen und Meer landen.
Rätselhafte Altersdiskrepanz
Nach aktuellen Schätzungen gelangen weltweit rund 26 Millionen Tonnen schwarzer Kohlenstoff pro Jahr über die Flüsse in die Ozeane. Dort wird er verteilt und im Laufe der Zeit im Sediment abgelagert. Diese Ablagerung stellt damit einen Art Puffer im Klimasystem dar, denn durch sie wird dieser Kohlenstoff für lange Zeiträume aus der Atmosphäre entfernt. Das Merkwürdige jedoch: “Aktuelle Schätzungen sprechen dafür, dass allein der Eintrag durch die Flüsse genug ist, um den gesamten ozeanischen Pool an schwarzem Kohlenstoff innerhalb von 500 Jahren einmal auszutauschen”, berichten Alysha Coppola von der Universität Zürich und ihre Kollegen. “Aber das gemessene Alter des schwarzen Kohlenstoffs in der Tiefsee ist mit mehr als 20.000 Jahren rund 40-mal höher.”
Das weckt die Frage, ob wirklich ein so großer Anteil des Rußes und Kohlenstaubs der Brände über die Flüsse ins Meer gelangt oder ob er doch irgendwo unterwegs verloren geht oder aufgehalten wird. Um dies zu überprüfen, haben Coppola und ihre Kollegen Wasserproben an verschiedenen Stellen des Amazonas und vier seiner Nebenflüsse entnommen. Sie analysierten den darin enthaltenen schwarzen Kohlenstoff und bestimmten das Alter der Partikel mit Hilfe der Radiokarbon-Methode. Das ermöglichte es ihnen, sowohl die Mengen als auch das Alter des mitgeschwemmten schwarzen Kohlenstoffs vom Inland bis in den Atlantik zu verfolgen.
Ohne lange Pausen bis zur Mündung
Die Auswertungen ergaben: Pro Jahr transportieren der Amazonas und seine Nebenflüsse rund 1,9 bis 2,7 Millionen Tonnen Ruß und Kohlenstaub vom Amazonasgebiet in den Atlantik. Das entspricht rund sieben bis zehn Prozent des globalen Einstroms von gelöstem schwarzem Kohlenstoff in die Ozeane”, so die Forscher. Wie die Datierung ergab, besteht diese Kohlenstofffracht vornehmlich aus noch jungen, erst vor kurzer Zeit produzierten Partikeln. “Das deutet darauf hin, dass dieser schwarze Kohlenstoff nicht in vorübergehenden Reservoiren im Amazonasfluss zwischengespeichert wird”, berichten Coppola und ihre Kollegen. Die seltsame Altersdiskrepanz zwischen Rußproduktion und ozeanischen Kohlenstoffablagerungen kommt demnach nicht durch einen verzögerten oder geringeren Einstrom zustande.
Was aber ist dann der Grund für diesen Altersunterschied? Coppola und ihr Team vermuten, dass ein Teil des vom Amazonas in den Atlantik eingeschwemmten schwarzen Kohlenstoffs noch in der Flussmündung verloren geht. “Ein Verlust durch Prozesse wie die UV-Oxidation oder die Sedimentation müssen hier eine wichtige Rolle spielen”, so die Wissenschaftler. Denn in der Schwemmwolke des Amazonaswassers im Mündungsgebiet haben sie auch zehnmal weniger gelösten organischen Kohlenstoff gemessen als erwartet. “Ähnlich wie dieser organische Kohlenstoff könnte auch ein Teil des gelösten schwarzen Kohlenstoffs an der Grenzfläche zwischen Fluss und Ozean durch photochemische Degradation abgebaut werden”, spekulieren die Forscher.
Ob jedoch diese Prozesse die Altersunterschiede zwischen Einstrom und Ozean vollständig erklären können, müssen weitere Untersuchungen zeigen. Die Studie verdeutlicht aber, dass der bei den Amazonas-Bränden entstehende Ruß- und Kohlenstaub tatsächlich zum großen Teil über die Flüsse in Richtung Meer abtransportiert wird.
Quelle: Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-019-11543-9