In vielen Wäldern und Savannen Afrikas kann man sie abends umherflattern sehen: Palmenflughunde (Eidolon helvum). Wie sich nun zeigt, leisten diese Früchtefresser den afrikanischen Wäldern einen enormen Dienst: Weil sie die Samen vieler Bäume fressen und anderswo wieder ausscheiden, können sie sogar abgeholzte Waldgebiete wieder aufforsten. Allein in Ghana könnten dadurch 800 Hektar Wald neu ausgesät werden, wie Biologen ermittelt haben.
Wenn es um die Verbreitung ihrer Samen geht, haben Pflanzen verschiedenen Strategien entwickelt: Viele lassen ihre Samen vom Wind verteilen, andere jedoch akquirieren tierische Helfer: Sie produzieren lockende Früchte, die von den Tieren vertilgt werden. Diese tragen dann die unverdaulichen Samen an eine andere Stelle und scheiden sie dort mit dem Kot wieder aus. Zu solchen Helfern der Pflanzenausbreitung gehören auch die in weiten Teilen Afrikas verbreiteten Palmenflughunde (Eidolon helvum).
Früchtefresser und Samenverbreiter
Tagsüber hängen die Palmenflughunde kopfüber in den Kronen alter Bäume und schlafen. Bei Sonnenuntergang jedoch werden sie aktiv und begeben sich auf Futtersuche. Sie fressen bevorzugt die Früchte verschiedener Palmenarten und anderer tropischer Bäume, aber auch Blüten und Nektar von Affenbrotbäumen. Sowohl in Waldgebieten als auch in den Savannen Afrikas spielen sie daher eine wichtige Rolle als Bestäuber und Samenverbreiter.
Doch wie weit tragen diese Flughunde ihre Samenfracht? Und welchen Nutzen bringen sie damit den Wäldern konkret? Um das herauszufinden, haben Marielle van Toor von der Linnaeus Universität in Schweden und ihre Kollegen Palmenflughunde in Ghana mit GPS-Sendern ausgerüstet. Dadurch konnten sie die Bewegungen und Flugrouten dieser nachtaktiven Tiere verfolgen. Durch Fütterungsexperimente untersuchten sie zudem, wie viele Samen die Tiere fressen und wie weit sie von ihrem Ursprungsort weggetragen werden.
300.000 Samen in einer Nacht
Das Ergebnis: Die Palmenflughunde legen bei ihrer Futtersuche ungewöhnlich große Strecken zurück: Bis zu 95 Kilometer kann ein solches Fledertier im Laufe einer Nacht zurücklegen, wie die GPS-Daten enthüllten. “Die meisten Früchte fressenden Tierarten verlassen die schützenden Baumkronen ihres Waldes nicht und verteilen deshalb Samen nur in einem kleinen Umkreis”, erklärt Dina Dechmann vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell. Der Palmenflughund dagegen kann Samen in weitem Umkreis verteilen und überfliegt auch offene Landschaften und Waldgrenzen.
Weil diese Flughunde zudem in großen Kolonien von tausenden bis Millionen von Artgenossen leben, hat ihre Samenverbreitung eine enorme Bedeutung für ihren Lebensraum. Dank des weiträumigen Transports durch die Fledertiere können junge Bäume in einer Umgebung ohne direkte Konkurrenz keimen und aufwachsen. Selbst in gerodeten Gebieten können durch diese Form der Samenverbreitung neue Wälder entstehen. Anhand ihrer GPS-Daten und der Fütterungsversuche stellten die Wissenschaftler fest, dass eine Kolonie von 150.000 Palmenflughunden in einer einzigen Nacht über 300.000 Samen verteilen kann.
Nützlich, aber bedroht
“Die Palmenflughunde verbreiten unter anderem schnell wachsende Bäume, die als Pionierarten die richtige Umgebung für das Ansiedeln und Wachsen weiterer Baumarten schaffen”, erklärt Dechmann. Durch diese Fledertiere könnten dadurch pro Jahr allein in Ghana 800 Hektar Wald neu ausgesät werden. Für die Bevölkerung in diesen Gebieten sei dies auch ein finanzieller Gewinn, betonen die Forscher. Denn durch den neuen Wald profitiere die Bevölkerung von essbaren Früchten, erhöhter Bodenfruchtbarkeit und dem Holz. Rein rechnerisch liege der Gewinn für 800 Hektar von Flughunden wieder aufgeforsteten Wald bei über 700.000 Euro.
(Video: Max-Planck-Gesellschaft)Das Problem jedoch: Die Zahl der Palmenflughunde in Afrika geht immer weiter zurück. Vor allem die Abholzung großer, alter Bäume, die ihnen als Schlafbäume dienen und die Jagd dezimieren die Zahl der Fledertiere. “Das ist ein unglaublicher Verlust, denn die Palmenflughunde helfen mit beim Erhalt der Wälder in Afrika”, sagt Dechmann. “Die Bevölkerung muss deshalb dringend über die Bedeutung der Palmenflughunde informiert werden.”
Quelle: Max-Planck-Gesellschaft, Fachartikel: Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2019.02.033