Sie wachsen als Regenwald in den Tropen, aber auch in unseren gemäßigten Breiten und sogar bis in den hohen frostigen Norden hinein: Bäume gibt es auf fast der ganzen Erde. In Satellitenbildern lässt sich auch messen, wo überall Wälder existieren. Doch wie dicht die Bäume darin stehen und wie viele Bäume es sind, ließ sich bisher nur ansatzweise schätzen. “Wenn man Leute bittet, das zu schätzen, wissen sie nicht einmal, in welcher Größenordnung sie anfangen sollen”, erklärt Erstautor Thomas Crowther von der Yale University in New Haven.
Gut drei Billionen Bäume
Um zu einer fundierten Einschätzung zu kommen, haben Crowther und seine Kollegen eine Art globale “Baum-Volkszählung” durchgeführt. Dafür nutzten sie Zählungen an 429.775 Messstellen aus 50 Ländern verteilt über alle Kontinente der Erde außer der Antarktis. Diese Daten implementierten sie in ein Modell der 14 irdischen Biome und der daraus folgenden typischen Merkmale von Klima, Vegetation, Topografie und Landnutzung. Als Baum zählte dabei jede Pflanze, deren verholzter Stamm mindestens zehn Zentimeter Durchmesser erreicht. Als Ergebnis erhielten sie eine Karte, auf der die weltweite Baumdichte bis auf eine Auflösung von einem Quadratkilometer genau angegeben ist. Sie liefert den bisher umfassendsten und genauesten Überblick über die Baumpopulationen unseres Planeten und damit über einen Faktor, der viele der irdischen Landschaften entscheidend prägt.
Das Ergebnis überraschte selbst die Forscher: Insgesamt gibt es auf der Erde 3,04 Billionen Bäume – und damit achtfach so viele wie zuvor angenommen worden war. “Ich weiß nicht, was ich geraten hätte, aber ich war auf jeden Fall überrascht, dass wir hier über Billionen reden”, sagt Crowther. Schlägt man die Baumzahl auf die 7,2 Milliarden Menschen auf der Erde um, kommen damit auf jeden Erdbewohner 422 Bäume. Die höchste Baumdichte erreicht dabei nicht, wie man vielleicht erwarten würde, der tropische Regenwald, sondern der boreale Nadelwald in den subarktischen Gebieten Russlands, Skandinaviens und Nordamerikas. “In diesen nördlichen Breiten führen die niedrige Temperatur und Feuchtigkeit dazu, dass sich stresstolerante Nadelbäume ansiedeln – und sie können die höchsten Dichten auf der Erde erreichen”, erklären die Forscher. Vergleicht man jedoch die Baummenge insgesamt, liegen Tropen und Subtropen mit zusammen 42,8 Prozent aller Bäume vorne.
Fast die Hälfte ist schon weg
Die Bestandsaufnahme verdeutlichte auch, wie Klima und Wetterbedingungen die Baumdichte beeinflussen. Wie die Forscher feststellten, können in feuchteren Gegenden generell mehr Bäume wachsen. Allerdings: In der Praxis werden sie genau in diesen Regionen am häufigsten von ihrem größten Konkurrent verdrängt: dem Menschen. Denn der Mensch nutze bevorzugt feuchte, produktive Landflächen für die Landwirtschaft und habe deshalb dort die Wälder gerodet, so die Forscher. Ihre Daten liefern auch neue Informationen darüber, wie der Mensch den Waldbestand des Planeten beeinflusst hat. Sie zeigen nicht nur, dass die Baumdichte überall dort drastisch sinkt, wo die Bevölkerungsdichte steigt, sie verraten auch, wie viele Bäume menschlichen Aktivitäten zum Opfer fallen. “Wir schätzen, dass die Entwaldung, Landnutzungs-Veränderungen, Forstmanagement und andere Störungen für den Verlust von rund 15,3 Milliarden Bäumen jährlich verantwortlich sind”, berichten Crowther und seine Kollegen.
Der Gesamtbestand der Bäume auf der Erde ist nach Schätzungen der Forscher seit Beginn der menschlichen Zivilisation um rund 46 Prozent abgesunken. “Wir haben damit die Zahl der Bäume auf unserem Planeten um fast die Hälfte reduziert”, sagt Crowther. “Und die Folgen davon für Klima und die menschliche Gesundheit bekommen wir heute zu spüren.” Nach Ansicht der Forscher muss sehr viel mehr getan werden als bisher, um weltweit gesunde Wälder zu erhalten. “Denn Bäume gehören zu den wichtigsten Organismen der Erde”, so Crowther. “Sie speichern gewaltige Mengen Kohlenstoff, sind essenziell für das Recyceln von Nährstoffen und erweisen uns Menschen unzählige Dienste.”
Quelle: Thomas Crowther (Yale University, New Haven) et al., Nature, doi: 10.1038/nature14967
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