Der Verkehr ist eine der großen Quellen von Treibhausgas-Emissionen. Doch gerade im Straßenverkehr hat sich bisher nur wenig in Sachen Klimaschutz getan. Welche Maßnahmen hier künftig am ehesten Fortschritte bei der CO2-Einsparung bringen könnten, haben nun Wissenschaftler untersucht. Sie kommen zu dem Schluss: Am effektiven ist eine Kombination aus höheren Spritpreisen und Anreizen für saubere Autos.
Um dem fortschreitenden Klimawandel etwas entgegenzusetzen, müssen in vielen Sektoren Treibhausgas-Emissionen reduziert werden. Doch obwohl beispielsweise der Verkehrssektor für etwa ein Viertel der deutschen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich ist, hat sich bisher auf den Straßen wenig getan. Doch um bis spätestens 2050 klimaneutral zu werden, müssen laut der Internationalen Energieagentur (IEA) die globalen Emissionen des Transportsektors, die im Jahr 2019 bei 8,5 Gigatonnen CO2 lagen, unter eine Gigatonne pro Jahr fallen.
Die Kombi macht‘s
Während hierzulande oft noch Uneinigkeit über die effektivsten Maßnahmen zur CO2-Einsparung im Straßenverkehr herrscht, gibt es bereits einige Länder, die in diesem Sektor einen erfolgreichen Rückgang ihrer CO2-Emisionen bei stabiler Wirtschaftslage vorweisen können. Wie es dazu kam und welche Empfehlungen und Chancen sich daraus für die künftige Verkehrspolitik ableiten lassen, beleuchtet nun ein Team um Nicolas Koch vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) in Berlin. Anders als frühere Studien, in denen meist einzelne Maßnahmen isoliert auf ihre Wirksamkeit hin ausgewertet wurden, wählten Koch und seine Kollegen einen neuen Ansatz, der das Zusammenspiel verschiedener Maßnahmen berücksichtigt. Denn in der politischen Realität werden meist Bündel von Maßnahmen etabliert, die sich in ihrer Wirkung gegenseitig beeinflussen können.
Für ihre Studie haben die Forscher daher gezielt nach Maßnahmen-Paketen gesucht, die in Bezug auf die CO2-Einsparung im Straßenverkehr tatsächlich Wirkung zeigen. Dafür betrachteten sie die Emissionen des Straßenverkehrs von 1995 bis 2018 in 15 EU-Ländern und glichen sie mit Wirtschaftsleistung und Bevölkerung ab. Mithilfe von maschinellem Lernen suchten sie dann nach sogenannten „Emissionseinbrüchen“, die nicht Folge der Wirtschaftslage sind und auf Klimaschutzmaßnahmen zurückgehen könnten. Eine künstliche Intelligenz schlüsselt dann auf, welchen Anteil einzelne oder mehrere zusammenwirkende klimapolitische Maßnahmen in dem jeweiligen Land ausschlaggebend für die Emissionsrückgänge waren.
Hohe Preise schrecken ab
Die Ergebnisse zeigen die erfolgversprechendsten Kombinationen politischer Maßnahmen und rücken besonders eine Intervention ins Licht: „Wir haben in einem Zeitraum von 24 Jahren in 15 EU-Ländern nur zehn Beispiele für erfolgreiche Klimapolitik im Straßenverkehr gefunden“, berichtet Koch. „Alle zehn Fälle stehen in Verbindung mit mindestens einer Maßnahme, die die laufenden Kosten des Autofahrens erhöht hat – in der Regel über höhere Spritpreise durch CO₂-Bepreisung, manchmal auch über Energiesteuern oder Mautgebühren.“ Die höheren Preise führten also dazu, dass die Menschen gar nicht mehr oder zumindest seltener das Auto als Verkehrsmittel wählten, da es günstigere Alternativen wie Busse oder Bahnen gab.
Ein weiterer wichtigen Punkt, den die Studie als effektive CO2-Reduktionsmaßnahme identifizierte, ist es, die Benutzung von sauberen Autos zu fördern. Laut Koch setzte die Regierung in fast allen der zehn Ländern mit erfolgreicher Klimapolitik Anreize, emissionsfreie oder -ärmere Fahrzeuge zu kaufen. Dies erreichten die Länder entweder über am CO₂-Ausstoß ausgerichtete Kfz-Steuern oder über Zuschüsse. Diese Maßnahme führte in Kombination mit höheren Spritpreisen beispielsweise in Luxemburg ab dem Jahr 2015 zu einer effektiven Senkung der Straßenverkehrs-Emissionen um 26 Prozent. Aber auch in Finnland mit 17 Prozent, Irland mit 13 Prozent und Schweden mit elf Prozent zeigte dieser Mix aus politischen Maßnahmen Wirkung.
Vorbild für die Klimapolitik
Für die Zukunft empfiehlt das Forschungsteam eine steigende CO2-Bepreisung im Straßenverkehr kombiniert mit einem System, das Zuschüsse für E-Autos und Kfz-Steuersätze für Verbrennerfahrzeuge vorsieht. „Im Prinzip ist die Hebelwirkung eines solchen Maßnahmenpakets stark genug, um auch in diesem Problembereich das von der EU proklamierte Ziel der Klimaneutralität bis zur Mitte des Jahrhunderts hinzubekommen“, prognostiziert Koch. „Die Instrumente sind da – jetzt braucht es den politischen Willen, sie konsequent, flächendeckend und langfristig anzuwenden“.
Quelle: Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change; Fachartikel: Nature Energy, doi: 10.1038/s41560-022-01095-6