Anzeige
1 Monat GRATIS testen. Danach zum Jubiläumspreis weiterlesen.
Startseite »

Ultraschall-Verfahren könnte 3D-Druck im Körper ermöglichen

Technik

Ultraschall-Verfahren könnte 3D-Druck im Körper ermöglichen
Dieses Knochen-Modell wurde durch Ultraschall über ein Stück Schweinebauch hinweg aus "Sono-Tinte" gedruckt. © Qiangzhou Rong

Wie von Geisterhand könnten sich im Körperinneren Ersatzelemente für Knochen und Gewebe aufbauen lassen: Forscher haben eine spezielle „Tinte“ entwickelt, die in Geweben durch eine Bestrahlung mit fokussierten Ultraschallwellen in biokompatible 3D-Strukturen verwandelt werden kann. Durch verschiedene Anwendungsbeispiele konnten die Entwickler das Potenzial des Verfahrens bereits eindrucksvoll aufzeigen.

Der 3D-Druck boomt: In den letzten Jahren wurden viele spannende Verfahren zu Herstellung komplexer Gebilde aus vielen unterschiedlichen Materialien entwickelt. Die meisten basieren darauf, dass die Substanzen schicht- oder schrittweise aufgetragen werden, um nach und nach eine gewünschte dreidimensionale Struktur hervorzubringen. Daneben wurde aber auch bereits ein alternatives Verfahren entwickelt, das keine stabile Unterlage benötigt: Die dreidimensionalen Objekte entstehen dabei in einem Volumen aus lichtempfindlicher Tinte. Darin bringen präzise fokussierte Strahlen die Substanz an bestimmten Stellen zum Aushärten.

Die Tinte muss bei diesem Konzept allerdings transparent sein und darf nicht durch Objekte verdeckt werden, damit die Lichtstrahlen für die Aushärtung am Fokuspunkt sorgen können. Doch nun hat ein Team aus US-Forschern ein Verfahren entwickelt, das diese Einschränkung umgehen kann. Anstatt Licht nutzen sie zur Aushärtung der Tinte Ultraschallwellen, die für ihr durchdringendes, aber dennoch schonendes Potenzial bekannt sind. Ihre „Deep-Penetrating Acoustic Volumetric Printing“ genannte Druckmethode basiert dabei auf der Entwicklung einer sogenannten Sono-Tinte aus biologisch verträglichen Komponenten. Es handelt sich um eine Hydrogel-Substanz, die spezielle Mikropartikel und Moleküle enthält, die auf Ultraschallwellen reagieren.

Fokussierte Schallwellen statt Licht

„Das System basiert auf einem sonothermischen Effekt, der entsteht, wenn Schallwellen absorbiert werden und dadurch die Temperatur erhöhen. Dies führt dann zur Aushärtung unserer Tinte“, erklärt Co-Autor Junjie Yao von der Duke University in Durham. „Ultraschallwellen können mehr als 100-mal tiefer als Licht eindringen und dennoch räumlich begrenzt werden, sodass wir Gewebe, Knochen und Organe mit hoher räumlicher Präzision erreichen können, die mit lichtbasierten Druckmethoden nicht zugänglich sind“, sagt Yao.

Anzeige

Konkret ist der Ablauf bei dem Konzept: Die viskose Sono-Tinte wird mit einer Spritze am Einsatzort injiziert. Anschließend werden mit einer speziellen Ultraschall-Drucksonde fokussierte Ultraschallwellen in das Tinten-Volumen gesendet. Durch den härtenden Effekt im Fokus können sich dann die gewünschten Strukturen durch die Bewegung der Ultraschall-Drucksonde aufbauen lassen. Je nach Bestrahlungsintensität und Formulierung der Tinte können dabei auch unterschiedliche Härtegrade erreicht werden. So lassen sich etwa dreidimensionale Gebilde mit der Härte von Knochenmaterial erzeugen oder flexiblere Strukturen, die sich mit Organen kombinieren lassen. „Sobald das Gebilde fertig ist, kann man die verbleibende, nicht verfestigte Tinte mit einer Spritze entfernen“, sagt Co-Autor Shrike Zhang von der Harvard Medical School in Cambridge.

Je nach Anwendungszweck kann die Sono-Tinte auch durch bestimmte weitere Zutaten optimiert werden, sagen die Entwickler: Wenn beispielsweise ein Gerüst erstellt werden soll, um die Heilung eines Knochens zu unterstützen oder Knochenschwund auszugleichen, können der Tinte Knochenmineralpartikel zugefügt werden. Außerdem lässt sich einstellen, wie lange haltbar das 3D-Objekt sein soll. Für manche Anwendungen lässt es sich robust gestalten und bei anderen kann es sich nach seiner erfüllten Funktion wieder auflösen.

Potenzial aufgezeigt

Das Team hat bereits durch drei Beispielanwendungen das Potenzial des Verfahrens aufgezeigt: Beim ersten Einsatz wurde die Tinte verwendet, um einen Abschnitt in einem entnommenen Ziegenherzen zu versiegeln. Die Sono-Tinte wurde dabei mit einem Katheter zum Einsatzort gebracht. Anschließend wurde das Material durch die fokussierten Ultraschallwellen durch das bedeckende Gewebe hindurch ausgehärtet. Dabei kam es zu keinen Anzeichen von Gewebeschäden am umliegenden Organ, sagen die Forscher. Sobald der Vorgang abgeschlossen war, haftete die Struktur am Herzgewebe und war flexibel genug, um Bewegungen standzuhalten, die den Herzschlag nachahmten.

Als Nächstes testete das Team das Potenzial des Verfahrens zur Knochenregeneration. Dabei kam ein gebrochenes Hühnerbein als Modell zum Einsatz. Auch hier konnte die an den Wirkort gespritzte Sono-Tinte durch die Ultraschallaktivierung von außen in ein Verbindungsmaterial zwischen den Bruchflächen verwandelt werden, ohne umliegendes Gewebe zu schädigen. Bei der dritten Einsatzmöglichkeit, die das Team ausgetestet hat, handelte es sich um ein spezielles Verfahren zur kontinuierlichen Freisetzung von Arzneimitteln aus einem Reservoir im Körper. Die Forscher fügten ihrer Tinte dazu ein gängiges Chemotherapeutikum hinzu und applizierte sie auf experimentelles Lebergewebe. Mit ihrer Sonde härteten sie das Material dann zu einem Hydrogel aus, das den Wirkstoff langsam freisetzen und in das Lebergewebe diffundieren lassen konnte.

Den Forschern zufolge waren die Ergebnisse aller drei Tests ausgesprochen vielversprechend und es sind auch weitere Einsatzmöglichkeiten des Konzepts denkbar. „Da wir durch Gewebe drucken können, ergeben sich viele potenzielle Anwendungen in der Chirurgie und Therapie, die traditionell sehr invasive und disruptive Methoden erfordern“, sagt Yao. „Diese Arbeit eröffnet somit einen aufregenden neuen Weg in der Welt des 3D-Drucks und wir freuen uns darauf, das Potenzial dieses Tools weiter auszuloten.“ Abschließend betonen die Wissenschaftler allerdings, dass noch viel Forschungsarbeit nötig ist: „Wir sind noch weit davon entfernt, dieses Tool in die Klinik zu bringen, aber unsere bisherigen Tests haben das Potenzial dieser Technologie nun auf jeden Fall deutlich gemacht“, so Zhang abschließend.

Quelle: Duke University, Fachartikel: Science, doi: 10.1126/science.adi1563

Anzeige
Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Youtube Music
Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

An|ti|teil|chen  〈n. 14; Phys.〉 Elementarteilchen mit sehr kurzer Lebensdauer, das gegenüber den ”normalen“ Elementarteilchen eine entgegengesetzte Vertauschung von Ladung, Drehmoment u. a. Zustandsgrößen aufweist

zu|sam|menzie|hen  〈V. 287〉 I 〈V. t.; hat〉 etwas ~ 1 durch Ziehen verengen, verkürzen 2 miteinander verbinden, vereinigen … mehr

Klein|meis|ter  〈m. 3; Mal.〉 Angehöriger einer von Dürer beeinflussten Gruppe von Kupferstechern des 16. Jh., die vor allem Stiche kleinen Formats geschaffen haben (Altdorfer, Brüder Beham u. a.)

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige