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Schwarm-Forschung mit Fisch-Robotern

Energieeinsparung aufgezeigt

Schwarm-Forschung mit Fisch-Robotern
Durch technische Nachbildungen von Fischen wird deutlich, wie sie durch das Schwimmen im Schwarm Energie sparen. (Bild: Dr. Liang Li, Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie)

Mit synchronen Bewegungen gleiten sie gemeinsam durchs Wasser – doch welche Vorteile bringt Fischen dieses Schwimmen im Verband? Mithilfe von beweglichen Nachbildungen der Tiere konnten Forscher nun erstmals experimentell bestätigen, dass beim gemeinsamen Schwimmen hydrodynamische Effekte entstehen, die eine Energieeinsparung ermöglichen. Die Forscher konnten anschließend bestätigen, dass Fische das bei den Robotern aufgezeigte Konzept auch tatsächlich nutzen.

Von kleinen Gruppen in Teichen und Seen bis hin zu gigantischen Schwärmen in den Meeren: Bei vielen Fischarten schließen sich die Individuen zu Verbänden zusammen und zeigen dabei ein synchrones Bewegungsverhalten. Ein Zweck dieser Strategie ist die Verwirrung von Fressfeinden, doch man ging auch bereits von energetischen Vorteilen des Schwimmens im Schwarm aus. Bisher gab es dazu allerdings nur theoretische Modelle und Berechnungen. Inwieweit Fische tatsächlich durch das Schwimmen im Verband Energie sparen, schien nur durch die direkte Messung ihres Energiehaushaltes nachweisbar. Doch entsprechende Untersuchungen galten bisher als kaum durchführbar.

Fisch-Roboter verdeutlichen den Energieverbrauch

Ein internationales Forscherteam hat dieses Problem nun mithilfe der Robotik gemeistert. Die Wissenschaftler entwickelten einen Fisch-Roboter, der eine weiche Schwanzflosse besitzt und sich durch wellenförmige Bewegungen vorwärtstreibt, die das Schwimmverhalten der natürlichen Vorbilder perfekt nachahmen. Im Gegensatz zu diesen ermöglichen die Roboter allerdings eine direkte Messung des Energieverbrauchs bei der Fortbewegung. „Durch die Entwicklung dieser bionischen Roboter konnten wir das grundlegende Problem der Bestimmung des Energieverbrauchs beim Schwimmen lösen“, erklärt Erstautor Liang Li vom Konstanzer Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie. „Als wir dann mehrere Roboter miteinander interagieren ließen, konnten wir untersuchen, wie sich unterschiedliche Strategien des gemeinsamen Schwimmens auf die Fortbewegungskosten auswirken.“

Konkret erfassten die Forscher bei den Experimenten den Energieverbrauch nachfolgender Fisch-Roboter in vielen verschiedenen Positionen zu dem vorausschwimmenden Exemplar. Dabei zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen allein schwimmenden Fisch-Robotern und solchen, die sich in Paaren fortbewegten. Es zeichnete sich auch ab, wie dies mit der Beeinflussung der Hydrodynamik zusammenhängt. Der Energieverbrauch eines nachfolgenden Fisches wird demnach von zwei Faktoren bestimmt: durch seinen Abstand zum Leitfisch und durch das Verhältnis, in dem sein Schwanzschlag zu diesem Tier steht.

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Synchronisation mit verzögertem Takt

Das bedeutet: Um den vom Leitfisch erzeugten Strudel optimal auszunutzen, muss der nachfolgende Fisch seinen Schwanzschlag dem Takt des Leitfischs in Abhängigkeit von seiner Entfernung zu ihm anpassen. Das Geheimnis ist also eine adaptive Synchronisierung: Um Energie zu sparen, müssen die Tiere ihren Schwanzschlag an den des Leitfisches anpassen, wobei abhängig von ihrer Position eine entsprechende zeitliche Verzögerung nötig ist. Dabei handelt es sich um eine bisher unbekannte Strategie, die das Forscherteam als „vortex phase matching“ bezeichnet. „Wir haben eine einfache Regel für die Synchronisierung mit Nachbarfischen entdeckt, die es hinterherschwimmenden Fischen erlaubt, vom Schwarm erzeugte Strudel kontinuierlich zu nutzen. Vor unseren Roboterexperimenten wussten wir einfach nicht, wonach wir suchen sollten, und so blieb diese Regel bislang unentdeckt“, sagt Seniorautor Iain Couzin von der Universität Konstanz.

Um die hydrodynamischen Effekte bei dem System sichtbar zu machen, ließen die Wissenschaftler winzige Wasserstoffblasen im Wasser aufsteigen und beleuchteten sie bei den Experimenten mit einem Laser. Dadurch wurden die von den Schwimmbewegungen der Roboter erzeugten Strudel sichtbar. Es stellte sich heraus, dass die Leitfische Wasserstrudel erzeugen, die dann stromabwärts wandern. Auch zeigte sich, dass die Roboter diese Strudel auf verschiedene Weise nutzen konnten. „Es geht offenbar nicht nur darum, Energie zu sparen. Indem sie ihren Takt anpassen, können hinterherschwimmende Fische die von anderen Fischen erzeugten Wasserstrudel auch nutzen, um Vorwärtsschub zu generieren und zu beschleunigen“, sagt Co-Autor Máté Nagy von der Eötvös-Loránd-Universität in Budapest.

Konzept bei echten Fischen nachgewiesen

Doch bis dahin ließen die Ergebnisse bei den Robotern nur vermuten, dass auch ihre natürlichen Vorbilder die Strategie des „vortex phase matching“ zum Energiesparen nutzen. Um dies zu bestätigen, nutzten die Forscher Verfahren der künstlichen Intelligenz. Das lernfähige System setzten sie zur Analyse der Körperhaltung gemeinsam schwimmender Goldfische ein. So konnten die Wissenschaftler bestätigen: Die Strategie kommt tatsächlich auch in der Natur zur Anwendung.

„Fischschwärme sind hochdynamische, soziale Systeme“, sagt Couzin. „Unsere Ergebnisse liefern nun eine Erklärung dafür, wie Fische von den Wasserstrudeln profitieren können, die von benachbarten Fischen erzeugt werden, ohne feste Abstände zueinander einhalten zu müssen“, resümiert der Wissenschaftler. Neben der biologischen Bedeutung der Befunde könnte das Konzept nun auch bei der Entwicklung von Schwärmen aus Schwimm-Robotern zum Einsatz kommen, die sich energiesparend durch das Wasser bewegen, heben die Forscher abschließend hervor.

Quelle: Universität Konstanz, Fachartikel: Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-020-19086-0


Video: Dr. Liang Li, Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie

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