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Robo-Beine nach dem Vorbild von Laufvögeln

Bio-inspirierte Technik

Robo-Beine nach dem Vorbild von Laufvögeln

Forscher haben ein Roboter-Bein konstruiert, das dank seiner Laufvogel-inspirierten Fuß-Bein-Kopplung mit wenig Motor- und Steuerungstechnik auskommt. Dadurch ist das „BirdBot-System“ sehr energieeffizient und trittsicher, wie Tests auf dem Laufband zeigen. Möglicherweise könnte das Konzept sogar einmal tonnenschwere Laufroboter mit wenig Leistungsaufwand in Gang versetzten, sagen die Wissenschaftler. Die Ergebnisse haben allerdings nicht nur eine Bedeutung für die Robotik, sondern werfen auch Licht auf die biologischen Grundlagen des anatomischen Konzepts.

Mit bis zu 55 Kilometer pro Stunde sind sie gewandt auf zwei Beinen unterwegs: Die bis zu 100 Kilogramm schweren Strauße verdeutlichen die Leistungsfähigkeit des Fortbewegungssystems der Laufvögel. Im Gegensatz zu unserer aufrechten Gangart hat ihr anatomisches Prinzip tiefe Wurzeln in der Entwicklungsgeschichte: Auch Tyrannosaurus und Co besaßen bereits eine ähnliche Beinstruktur und Laufweise wie die heutigen Vögel. Offenbar handelt es sich demnach um ein Konzept, das sich aufgrund von energetischen und funktionalen Vorteilen bewährt hat. Doch was ist das Geheimnis des Vogelbeins und inwieweit lassen sich seine Mechanismen auf Robotik-Systeme übertragen? Dieser Frage gehen die Wissenschaftler um Alexander Badri-Spröwitz vom Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Stuttgart nach.

Effektive Kopplung ist der Schlüssel

Wie sie erklären, besitzt das Konzept des Vogelbeins einen Aspekt, der sich von unserem Mechanismus deutlich unterscheidet: Menschen ziehen beim Gehen das Bein hoch, beugen dabei das Knie, Fuß und Zehen zeigen dabei aber nahezu unverändert nach vorne. Vögel klappen hingegen in der Schwungphase die Füße nach hinten weg. Die Untersuchungen von Badri-Spröwitz und seinen Kollegen legten nahe, dass diese Bewegung das passive Resultat einer mechanischen Kopplung ist: Sie wird nicht durch das Nervensystem und Muskelaktivitäten verursacht. „Wir sehen, dass das Netzwerk aus Muskeln und Sehnen, welches sich über mehrere Gelenke hinweg erstreckt, diese Kopplung ermöglicht. Die mehrgelenkigen Muskel-Sehnen-Seilzüge bedingen das Einklappen des Fußes in der Schwungphase“, sagt Badri-Spöwitz. Möglicherweise hat dies mit einem günstigen Grundmechanismus zu tun, so die Vermutung.

Um ihre Annahme zu überprüfen, bauten die Forscher ein Roboter-Bein, das dem der Laufvögel nachempfunden ist. Sie konstruierten es mithilfe von Seilzügen und Federn so, dass der Fuß keinen separaten Motor, sondern nur ein Gelenk benötigt, das mechanisch mit den restlichen Beingelenken gekoppelt ist. Ein Motor am Hüftgelenk sorgt dafür, dass eine Vor- und Zugrückbewegung des Beins entsteht. Ein weiterer Motor am Kniegelenk bewirkt zudem die Kniebeugung zum Hochziehen der künstlichen Gliedmaße. Für Testzwecke des Systems bauten die Forscher dann schließlich einen zweibeinigen Prototyp.

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Die Untersuchungen auf dem Laufband verdeutlichten, dass der Roboter seine Füße beim Gehen tatsächlich ähnlich wie die natürlichen Vorbilder ein- und ausklappt. Zudem zeigten die Analysen, dass die gekoppelte Mechanik in Bein und Fuß dem „BirdBot“ ein sehr energieeffizientes und robustes Laufen ermöglicht und auch beim Stehen buchstäblich zum Tragen kommt. Denn die Fuß- und Beingelenke kommen in der Standphase ohne Motoren aus. „Die Kraft kommt dabei aus der Feder und die Koordination aus dem mehrgelenkigen Seilzugmechanismus. Beim Bein-Anziehen in der Schwungphase schaltet der Fuß dann die Beinfeder – den Muskel – weg“, erklärt Badri-Spröwitz. „Früher mussten unsere Roboter hingegen entweder beim Stehen oder beim Bein-Anziehen gegen die Feder oder mit einem Motor arbeiten, damit das Bein in der Schwungphase nicht mit dem Boden kollidiert. Dieser Energieeintrag ist bei BirdBot jetzt nicht mehr notwendig“. Das schlägt positiv zu Buche, betont sein Kollege Aghamaleki Sarvestani: „Insgesamt ist damit nur ein Viertel der Energie notwendig im Vergleich zu vorhergehenden Laufrobotern.“

Energieeffizient, stabil und robust

Außerdem war bisher eine vergleichsweise aufwendige Steuerungstechnik nötig, die nun eingespart werden kann. Denn das Schalten zwischen Stehen und Gehen wird bei den meisten Robotern bisher durch einen Motor am Gelenk gewährleistet, der über ein Sensorsystem an- und ausschaltet wird. „Beim BirdBot erledigt der Fuß das für die Laufmaschine automatisch. Wir brauchen nur noch den Motor am Hüftgelenk und einen zum Knie-Beugen in der Schwungphase – den Rest macht das Bein allein. Das Ein- und Auskuppeln der Beinfedern überlassen wir der von Vögeln inspirierten Mechanik. Das ist robust, schnell und energieeffizient“, resümiert Badri-Spröwitz.

Wie die Forscher betonen, wirft der Nachbau nun auch rückwirkend Licht auf die biologische Bedeutung des Konzepts. Die Kopplung der Bein- und Fußgelenke sowie die dabei wirkenden Kräfte erklären, warum ein großes Tier wie ein Vogel Strauß nicht nur so schnell rennen, sondern auch mühelos lange stehen kann. Zudem scheint das System ein Faktor bei der geringen Stolperanfälligkeit der Laufvögel zu sein, die Co-Autorin Monica Daley von der University of California in Irvine durch vorhergehenden Untersuchungen aufgezeigt hat. Wie das physikalische Modell des BirdBots jetzt verdeutlicht, wird die zeitaufwendige Wahrnehmung und Reizweiterleitung bei Vögeln von reiner Mechanik ersetzt.

Der Fokus der Wissenschaftler liegt aber offenbar auf dem Potenzial für die Technik: „Das nun präsentierte Design ist skalierbar und ermöglicht die Entwicklung von Robotern mit großen Beinen“, schreiben Badri-Spröwitz und seine Kollegen. Konkret bedeutet das ihnen zufolge: Theoretisch lassen sich meterhohe Beine nach dem Prinzip der Laufvögel konstruieren, mit denen einmal tonnenschwere Roboter energiesparend und stabil umherlaufen könnten.

Quelle: Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme, Fachartikel: Science Robotics, doi: 10.1126/scirobotics.abg4055

Video: © DLG MPl-lS and UC Irvine

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