“Wir haben ein primäres elektronisches Thermometer entwickelt, das schnell und kompakt ist und über einen weiten Bereich mit hoher Genauigkeit arbeitet”, berichten Lafe Spietz von der Yale University in New Haven und seine Kollegen von der University of Colorado in Boulder. Grundlage ist eine Nanometer feine Sensorspitze mit zwei Aluminium-Schichten, die durch eine Aluminiumoxidschicht voneinander getrennt sind. Für eine Messung legen die Forscher eine konstante Spannung an dieser Sensorpitze an.
Je nach Umgebungstemperatur gelingt es nun mehr oder weniger Elektronen, von einer Metallschicht zur anderen zu tunneln und die isolierende Aluminiumoxid-Barriere zu überwinden. Diese tunnelnden Elektronen verursachen ein elektronisches Rauschen, das mit extrem genauen Spannungsmessern im Nanovoltbereich bestimmt werden kann.
Analog zu klassischen Gasthermometern, bei denen im Prinzip gemäß der Zustandsgleichung idealer Gase eine Temperaturmessung eines konstanten Reservoirs an Teilchen bei gleichbleibenden Druck über die Volumenänderung absolut gemessen werden kann, erlaubt auch die Messung einer Tunnelspannung den Rückschluss auf die Temperatur. Ausgehend von Fermis Goldener Regel, die die Rate der tunnelnden Elektronen zwischen zwei Metallen vorgibt, bleibt bei einem konstanten Stromfluss mit gleichbleibender Frequenz ein direkter Zusammenhang zwischen der Spannung der tunnelnden Elektronen und der Temperatur übrig. “Die Spannungsabhängigkeit des Rauschens lässt sich ganz analog zur der Zustandsgleichung idealer Gase formulieren”, so Spietz und Kollegen.
Aufbauend auf diesen Zusammenhängen überprüften die Physiker die Funktion ihres “Rauschthermometers”. Gerade bei tiefen Temperaturen in der Nähe des absoluten Nullpunkts fanden sie eine überzeugende Übereinstimmung der Temperaturwerte mit Messungen anderer, vorher geeichter Thermometer für diesen Bereich. Schritt für Schritt überprüften sie ihr neues Thermometer für steigende Temperaturen bis rund 20 Grad Celsius. Über den gesamten Bereich lieferte ihnen die Rauschspannung der Elektronen verlässliche Werte.
Doch so vielseitig sich das Rauschthermometer einsetzen ließe, scheint es besonders für die große Gemeinschaft der Physiker, die ihre Experimente bei tiefsten Temperaturen durchführen, verlockend. Die Versuchsbedingungen könnten deutlich schneller und einfacher als mit komplexen Messungen bestimmt werden, die über Widerstandsänderungen von Rutheniumoxid-Sensoren oder über die Schmelzkurve des Helium-3-Isotops arbeiten. Über die Möglichkeit einer absoluten Temperaturmessung könnte das Rauschthermometer auch als Kalibrier-Standard Anwendung finden.