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Raffinierte Diagnose-Sonde zum Schlucken

Technik|Digitales

Raffinierte Diagnose-Sonde zum Schlucken
Bisher ist der Prototyp der Kapsel noch recht groß - es gibt aber offenbar Verkleinerungspotenzial. (Foto: Lillie Paquette, MIT)

Wie ein U-Boot mit mikroskopischer Besatzung – Forscher haben ein erstaunlich wirkendes Diagnose-Instrument entwickelt: Eine schluckbare Kapsel, in der spezielle Bakterien sitzen, die Probleme im Verdauungsstrakt diagnostizieren können. Das Resultat kann dann drahtlos aus dem Bauch an ein Smartphone übermittelt werden. Die Forscher haben das Konzept bereits erfolgreich an Schweinen getestet, um Blutungen im Verdauungsstrakt aufzuspüren.

Bisher sind aufwendige und unangenehme Untersuchungen nötig: Bei einer Magen-beziehungsweise Darmspiegelung kommen endoskopische Geräte zum Einsatz, die über Schläuche in den Körper des Patienten eingeführt werden müssen. Wie praktisch wäre es hingegen, ein Diagnose-Gerät einfach nur herunterschlucken zu müssen. Genau an einem solchen Konzept arbeiten die Forscher vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge (MIT).

Das System, das sie nun präsentieren, basiert auf einer Kombination von technischen Komponenten mit biologischer Sensorik. In den letzten Jahren haben Biotechnologen gentechnisch veränderte Bakterien entwickelt, die auf Reize wie Umweltschadstoffe oder Krankheitsmarker reagieren können. Die Bakterien lassen sich genetisch so ausrüsten, dass sie diese Reaktionen in feine Lichtsignale umsetzen. Um sie zu erfassen, ist bisher allerdings spezielle Laborausrüstung nötig. Das Ziel der MIT-Forscher ist es, dieses Konzept für reale Anwendungen tauglich zu machen. Konkret: Sie versuchen die Bakterien mit einem elektronischen Chip zu kombinieren, der in ein kleines Gerät integriert die Antwort der Mikroben in ein drahtloses Signal übersetzen kann.

Bakterien geben Lichtsignale bei Befund

Wie die Wissenschaftler berichten, ist ihnen dies nun geglückt: Für die erste Demonstration ihres Systems konzentrierten sie sich auf den Nachweis von Blutungen im Magen-Darm-Trakt. Sie konstruierten dazu einen speziellen Stamm des Bakteriums Escherichia coli: Eine spezielle genetische Ausstattung veranlasst die Mikroben, ein Lichtsignal zu erzeugen, wenn sie auf den Blutbestandteil Häm treffen. Die Forscher platzierten diese Bakterien in vier Vertiefungen auf einem Sensor-Chip, der von einer semipermeablen Membran bedeckt ist. Sie trennt die Mikroben von der Umwelt, ermöglicht aber dennoch das Eindringen kleiner Moleküle aus der Umgebung.

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Wie die Forscher erklären, befindet sich unter jeder Vertiefung mit Mikrobenbesatz ein lichtsensibles Element, das die von den Bakterienzellen produzierten Signale erfasst und die Informationen an einen Mikroprozessor weiterleitet. Die Signale können dann zur Auswertung drahtlos an einen Computer oder ein Smartphone in der Nähe gesendet werden. Tests an Schweinen zeigten, dass das Konzept tatsächlich hält, was es verspricht: Die Forscher konnten mit ihrem Prototyp Blutungen im Magen der Versuchstiere diagnostizieren.

Potenzial zeichnet sich ab

Um die Technologie für den Einsatz bei Menschen tauglich zu machen, planen die Forscher nun vor allem, die Größe des Sensors zu reduzieren. Denn bisher müsste man ihn buchstäblich herunterwürgen: Der Prototyp ist etwa 3,8 Zentimeter lang. Den Forschern zufolge gibt es aber durchaus Verkleinerungspotenzial. Außerdem wollen sie Sensoren für weitere Magen-Darm-Probleme entwickeln. Sie haben bereits Sensor-Bakterien für zwei weitere Moleküle hergestellt, aber bisher noch nicht an Tieren getestet. Diese können Moleküle erfassen, die im Zusammenhang mit Entzündungserscheinungen im Verdauungssystem auftreten.

“Es scheint möglich, Bakterien zu Licht-Reaktionen im Zusammenhang mit vielen Stoffen zu bringen und dadurch nutzbar zu machen”, sagt Co-Autor Mark Mimee. Ihm und seinen Kollegen zufolge wäre es somit auch möglich, die Sonden mit gleich mehreren Bakterienstämmen auszustatten, so dass sie eine Vielzahl von gesundheitlichen Problemen diagnostizieren können. Man darf also gespannt sein, was sich aus dem Ansatz entwickeln wird.

Quelle: Massachusetts Institute of Technology, Science doi: 10.1126/science.aas9315

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