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Plausch mit Chatbots

Technik|Digitales

Plausch mit Chatbots
Keiner spricht mehr darüber: Dialoge mit Rechnersoftware.

Der britische Computerpionier Alan Turing formulierte 1950 den später nach ihm benannten Test: Kann sich ein Mensch mit einem Computer unterhalten, ohne dass der Mensch merkt, dass es sich bei seinem Gegenüber um einen künstlichen Gesprächspartner handelt? Wissenschaftler nehmen seit Jahrzehnten diese Herausforderung an. Einer von ihnen war der US-Amerikaner Kenneth Colby. Er programmierte schon vor einem halben Jahrhundert einen „ künstlichen Geisteskranken”, der mit den Vorstellungen und Ängsten einer echten Patientin gefüttert wurde. So stand es im ersten Jahrgang von bild der wissenschaft (Heft 3/1964, „ Künstliche Geisteskranke”).

Einige Jahre später führte Colby diesen Ansatz mit dem „ Elektronengehirn” Parry fort, dem er die Persönlichkeit eines Patienten mit paranoider Schizophrenie verlieh. Psychotherapeuten, die sich mit Parry per Teleprinter unterhielten, konnten nicht zwischen dem Computer und echten Patienten unterscheiden. Colbys künstlicher Patient ist damit eines der frühesten Exemplar eines „Chatbots” – eines Programms, das menschliche Unterhaltung imitiert.

Heutige Chatbots täuschen keine psychischen Erkrankungen mehr vor – man kann sich mit ihnen im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterhalten. Aber sie tun sich offensichtlich schwer. Das zeigt der vom amerikanischen Unternehmer Hugh Loebner ausgelobte Loebner-Preis, der seit 1991 jährlich verliehen wird. Bei dem Wettbewerb treten Chatbots gegen Menschen an, um vier Schiedsrichter zu foppen und den Turing-Test zu bestehen – gegebenenfalls mit abruptem Ende, wie der Informatiker Paul McKevitt von der University of Ulster in Irland erklärt: „Wenn alle vier Richter vom Programm getäuscht werden, ist der Wettbewerb vorbei – und er wird danach nie wieder stattfinden.”

Doch seit der Wettbewerb läuft, gibt es jedes Jahr bloß eine Bronzemedaille. Sie ging immer an einen Chatbot, der einer menschenähnlichen Unterhaltung am nächsten kam, denn, so McKevitt, „keiner hat bisher gewonnen”. Der Medaillenträger des Jahres 2013 namens Mitsuku basiert auf einer Software des Amerikaners Richard Wallace. Der gesteht, die Funktionsweise der Chatbots habe sich seit Colbys Parry nicht geändert: „Der Chatbot versucht, einprogrammierte Gesprächsmuster zu erkennen und antwortet darauf. Der Programmierer sieht sich anschließend die Aufzeichnung der Dialoge durch und sucht nach Stellen, an denen der Chatbot nicht ganz richtig geantwortet hat. Dann schreibt er eine bessere Antwort, um auch diesen Input in Zukunft abzudecken.”

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Viel Handarbeit also, denn Chatbots müssen Hunderttausende von Satzstücken kennen. Trotzdem entlarven die Schiedsrichter beim Loebner-Preis die Software sehr schnell mit Fangfragen wie: „ Würde es weh tun, wenn ich dich mit einem Handtuch erstäche?” Allerdings wissen die Richter stets, dass sich hinter einem der zwei gezeigten Chatfenster mit Sicherheit ein Computer befindet. Ist dieses Vorwissen nicht vorhanden, schneiden die Chatbots besser ab, sagt Wallace. „Der Chatbot kann einige Leute einige Zeit täuschen.”

Obwohl Turing vorausgesagt hat, dass Computer seinen Test im Jahr 2000 bestehen würden, schaut es im Moment eher so aus, als ob der Loebner-Preis noch lange verliehen wird. Zwar können moderne Chatbots bei Unterhaltungen mit Menschen dazulernen, und einige greifen mittlerweile sogar auf Enzyklopädien im Internet zu. An einer grundlegenden Eigenschaft hapert es aber stets bei den maschinellen Gesprächspartnern, meint Paul McKevitt: „Wir müssen ihren gesunden Menschenverstand verbessern.”

Franziska Konitzer

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