Metall und Kunststoffe eignen sich kaum – will man molekulare Maschinen bauen, ist spezielles Baumaterial gefragt. Forscher konstruieren sie aus den Bausteinen der Erbmoleküle des Lebens: den Nukleotiden der DNA. Sie nutzen dabei deren einzigartige chemische und physikalische Eigenschaften, die bekannt und programmierbar sind. Ein einzelner DNA-Strang besteht stets aus Abfolgen der vier Nukleotide mit den Abkürzungs-Bezeichnungen A, G, C und T. Sie verbinden sich immer zu den Paaren A – T sowie G – C. Wenn ein einzelner Strang auf einen umgekehrt komplementären Strang trifft – beispielsweise CGATT auf AATCG – heften sie sich aneinander und bilden die berühmte Doppelhelixform aus.
Hände und Füße aus Nukleotiden
Diese Paarungs-Kräfte der Nukleotide lassen sich in der Nano-Robotik gezielt zum Design von Strukturen sowie zum Steuern der Gebilde aus DNA einsetzen. Ein einzelner Strang, der die richtigen Nukleotide enthält, kann beispielsweise zwei nur teilweise verknüpfte Stränge zwingen, sich voneinander zu lösen. Letztlich können solche Effekte dann Bewegungen hervorrufen: So kann ein Nanoroboter aus DNA beispielsweise einen Fuß vom Untergrund lösen und ihn nach einem Schritt wieder aufsetzen.
Im Fall der Nano-Roboter, die das Team um Lulu Qian vom California Institute of Technology in Pasadena nun entwickelt haben, beträgt die Länge eines solchen Schrittchens sechs Nanometer. Die skurrilen DNA-Gebilde besitzen ein “Bein” mit zwei “Füßen” zum Gehen sowie einen “Arm” und eine “Hand” zum Greifen von Ladungen. Außerdem verfügen sie über ein Segment, das einen bestimmten Zielpunkt erkennen kann, um die Ladung freizugeben. Jede dieser Komponenten besteht aus nur wenigen Nukleotiden eines einzigen DNA-Strangs.
Unterwegs sind die Nano-Roboter auf einem speziellen Spielbrett, das ebenfalls aus DNA aufgebaut ist. Sie bewegen sich hier zwischen Stiften aus einzelnen Strängen von DNA, die komplementär zum Bein beziehungsweise Fuß des Roboters sind. Wenn er sich mit einem dieser Fortsätze an einen Zapfen bindet, wird der andere Fuß frei und bewegt sich leicht. Wenn er dadurch auf einen weiteren Zapfen trifft, zieht der Roboter zu diesem weiter. Letztlich bewegt sich das winzige DNA-Wesen auf diese Weise zufällig auf dem Spielbrett langsam umher – es kann einen Tag dauern, bis das gesamte Brett erkundet ist.
Lieferservice in der Nano-Welt
Wie die Forscher erklären, treffen die Roboter auf dem von ihnen entwickelten Brett auf Frachtmoleküle, die an manche der Zapfen gebunden sind. Mit ihrer “Hand” -Komponente können sie diese packen und mit sich tragen, bis sie dann einen speziellen Zielzapfen erreichen, der mit einem Signal versehen ist. Hier liefern sie das Transportgut dann ab und machen sich erneut auf die Suche nach weiteren Frachtmolekülen.
Ein einzelner Roboter konnte so sechs unterschiedliche Moleküle in 24 Stunden an ihre spezifischen Zielorte bringen, berichten die Forscher. Der Prozess ist zwar langsam, aber ermöglicht ein genial-simples Roboter-Design, sagen die Entwickler. “Unser Ziel war es, einen molekularen Roboter zu entwerfen und zu bauen, der eine anspruchsvolle nanomechanische Aufgabe durchführen kann: Ladungssortierung”, so Qian.
Wie die Forscher betonen, handelt es sich bei dem vorgestellten Konzept nun zunächst nur um eine Demonstration der Machbarkeit. “Wir entwickeln keine DNA-Roboter für spezifische Anwendungen. Wir forschen an Engineering-Prinzipien, die die Entwicklung von DNA-Robotern voranbringen können”, sagt Qian. “Allerdings ist es meine Hoffnung, dass andere Forscher diese Konzepte eines Tages für spannende Anwendungen nutzen können”.
Denkbar ist ihm zufolge der Einsatz von DNA-Robotern zur Synthese therapeutischer Wirkstoffe. In molekularen Fabriken könnten sie Substanzen bewegen, wenn ein bestimmtes Signal vorliegt, oder sie könnten verbrauchte Komponenten in einen molekularen Mülleimer befördern. “So wie elektromechanische Roboter an ferne Orte wie zum Mars geschickt werden, möchten wir Roboter an molekulare Orte schicken, die anders kaum zugänglich sind”, resümiert Qian.