Es gibt aber Menschen, die um das physikalische Wohl der Jugend ernstlich besorgt sind. Tom Rogers, ein amerikanischer Ingenieur, der in Greenville (South Carolina) Physik unterrichtet, will die Internet-Gemeinde vor “beleidigend dummer Filmphysik” warnen ( www.intuitor.com/moviephysics). Im Namen des “physikalischen Anstands” schlägt er ein fünfstufiges Bewertungssystem vor: Ein Film wie “Sieben Jahre Tibet” erhält die Bestnote GP für “insgesamt gute Physik”. “Titanic” wird pretty good physics (PGP) mit amüsanten Ungenauigkeiten zugestanden, während Kindern unter 13 Jahren für “Pearl Harbor” (PGP-13) die aufklärende Begleitung von – physikalisch beschlagenen – Erwachsenen angeraten wird. Physik zum Würgen (RP) verunstaltet nach Rogers’ Meinung Filme wie “Matrix” oder “Independence Day”, doch der Bannfluch trifft erst Streifen, die “offensichtlich Physik von einem unbekannten Universum” zu bieten haben (“Armageddon”, “Star Wars Episode I”). Der Kinogänger wendet ein, dass er genau solch fremde Welten sehen möchte: “Notorische Nörgler” sollten sich doch “erst mal mit der Tagesschau begnügen”, klagt ein “Armageddon”-Fan im Internet. Und tatsächlich eignen sich offensichtlich weltfremde Szenarien am schlechtesten zur ernsthaften Kritik. Wobei noch stets zu fragen ist, ob das Unwahrscheinliche auch immer mit dem niemals Möglichen identisch ist. Alfred Pflug vom Lehrstuhl für Didaktik der Physik in Dortmund hat die Physik von “Star Trek” einmal untersuchen lassen und kam zu dem Ergebnis, dass ein “Heisenberg-Kompensator” natürlich Unfug sei, eine “Warp-Geschwindigkeit” von der Allgemeinen Relativitätstheorie jedoch nicht ausgeschlossen werde.
Sogar Phil Plait, den Lesern der F.A.Z. als “Unser Mann im All” bekannt, räumt ein, bei seiner astronomischen Filmkritik auf www.badastronomy.com zunächst zu vieles in “Star Wars Episode I” als unrealistisch verworfen zu haben.
Was aber keine noch so raffinierte Weltraumtechnik überwinden kann, ist das universale Schweigen der Hämmer: Kein Laut ist im Weltall zu vernehmen, auch wenn eine ganze Galaxie aus Todessternen dort “in die Luft” flöge, wo gar keine Luft vorhanden ist. Schall braucht ein Medium, in dem sich seine Wellen fortpflanzen können. So bleibt das Universum ein lauschiger Platz, dessen akustische Leere aber nach “2001: A Space Odyssey” kein Weltraumfilm dem Publikum mehr zumuten wollte. Spätestens seit der klassischen Kritik des Science-fiction-Autors Harlan Ellison dürfte dieser Filmfehler auch in Hollywood bekannt sein. Dem Publikum zuliebe, das den großen Knall im All auch hören möchte, wird er jedoch ebenso beständig wiederholt, wie die in Feuerbällen aufgehenden Unfallwagen aus keinem Actionstreifen wegzudenken sind. Und welchen dramaturgischen Gewinn versprächen Laserstrahlen, wenn man sie dem Zuschauer nicht überall sichtbar machte? Nur ein bornierter Realist wird fordern, solche künstlerischen Freiheiten aus dem Kino zu verbannen. Physikdidaktiker sollten vielmehr dankbar sein, dass die Traumfabriken ihnen mit millionenteuren Produktionen unbezahlbares Anschauungsmaterial frei Haus liefern. Es kommt nämlich nicht so sehr darauf an, die Fehler im Film zu vermeiden, als vielmehr darauf, sie zu nutzen. Erkenntnisgewinn mit Erlebniswert müsste die Devise lauten, und Rogers nennt auf seinen Seiten Beispiele für den Einsatz von (physikalisch guten ebenso wie schlechten) Filmsequenzen im Highschool-Unterricht.