Viele Autofahrer packt beim Stopp an der Zapfsäule das Grausen. Die Kraftstoffpreise kennen seit Monaten nur eine Richtung: nach oben. Der Preis für Rohöl steigt und zieht die Kosten für Sprit mit in die Höhe. Wer mobil sein will, muss immer tiefer in die Tasche greifen. Der hohe Ölpreis macht spürbar, wie abhängig die moderne Industriegesellschaft vom Petroleum ist. Als daher die Forscher der BMW Group in München vor einigen Monaten eine neuartige, Kraftstoff sparende Automobiltechnologie präsentierten, horchte die Branche auf. Um rund 15 Prozent, verspricht der Automobilkonzern, kann der „Turbosteamer” den Kraftstoffverbrauch senken.
Dahinter steckt die folgende Idee: Die Wärme, die bei der Verbrennung im Motor entsteht – und die bislang über die Abgase und das Kühlwasser ungenutzt in die Umgebung entweicht – verleiht dem Auto zusätzlichen Schub. Dazu ist das Fahrzeug mit einem zweiten Antriebsstrang ausgestattet, der mit der Kurbelwelle verbunden ist.
Fast ein Drittel der im Treibstoff steckenden Energie entweicht bei bisherigen Motoren als Abwärme durch den Auspuff, ein weiteres Drittel verschwindet mit dem Kühlwasser – nur ein Drittel der dem Motor mit dem Kraftstoff zugeführten Energiemenge wird tatsächlich in Antriebsarbeit umgesetzt. Der Turbosteamer erhöht den Wirkungsgrad des Motors deutlich.
Dazu werden die rund 800 Grad Celsius heißen Abgase durch einen Wärmetauscher geleitet, wo sie Wasser auf 550 Grad Celsius erhitzen. Der entstehende Wasserdampf strömt in einen Expander, wo er sich ausdehnt und dabei mechanische Leistung verrichtet. Die wird auf die Kurbelwelle übertragen und unterstützt den Antrieb durch den Verbrennungsmotor. Die Restwärme der Abgase – nach der Expansion sind sie immer noch etwa 150 bis 200 Grad Celsius heiß – wird zusammen mit der Wärme im Motorkühlwasser genutzt, um in einem zweiten Kreislauf Ethanol zu verdampfen. Dessen Wärmeinhalt wird ebenfalls in Antriebsleistung umgesetzt.
„Das ist eine Umkehr der gewohnten Denkweise”, sagt Raymond Freymann, Geschäftsführer Forschung und Technik bei der BMW Group. „Bislang wollte man die entstehende Wärme einfach loswerden – jetzt fangen wir sie auf und nutzen sie.” Der Turbosteamer ist, betont Freymann, die erste Technologie, mit der man sowohl bei hohem Tempo auf der Autobahn als auch bei langsamen Stadtfahrten durchgängig rund 15 Prozent an Sprit sparen kann.
Allerdings: Neu ist die Idee, die Abwärme fürs Auto zu nutzen, nicht – das erste Patent dazu stammt bereits aus dem Jahr 1914 –, und auch Wasserdampf gab es in Fahrzeugen schon früher. Das erste Automobil, das 1906 eine Geschwindigkeit von über 200 Kilometer pro Stunde erreichte – der von den amerikanischen Zwillingsbrüdern Francis und Freelan Stanley entwickelte „Stanley Steamer” –, war ein Dampfauto. Doch Dampfautos blieben bislang seltene und teure Exoten. Erst der hohe Benzinpreis macht die technisch recht aufwendige Wärmenutzung und den Dampfantrieb wirtschaftlich lukrativ.
Das Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung, das dabei genutzt wird, kommt schon seit etlichen Jahren bei der Energiegewinnung in Kraftwerken zum Einsatz. Die Forscher der BMW Group haben das dafür nötige technische Equipment nun so weit geschrumpft, dass es problemlos zum Beispiel in die Wagen der BMW-3er-Reihe passt. Noch aber ist die Technologie nicht reif für die Praxis. Der Prototyp des Turbostreamers, der bisher nur auf dem Prüfstand in den Forschungslabors des Münchner Autobauers getestet wurde, ist nicht nur teuer, er ist mit seinen rund 50 Kilogramm Gewicht auch zu schwer für den Einbau in Serienfahrzeuge. Bis Wärmenutzung und Dampfaggregat serienmäßig in Autos stecken, wird es noch etwa zehn Jahre dauern, schätzt man bei BMW.
Eine andere Technologie, die bereits heute den Kraftstoffverbrauch im Motor senken kann, ist das Laser-Honen – ein Verfahren, das 2004 für den Deutschen Zukunftspreis des Bundespräsidenten nominiert war. Entwickelt haben es Ingenieure bei Audi in Ingolstadt, der Universität Bayreuth und des ATZ Entwicklungszentrums in Amberg in der Oberpfalz. Beim Laser-Honen brennt ein Laser wenige Mikrometer kleine Strukturen in die Oberfläche der Zylinderlaufbahn. Auf dieser Fläche laufen die Zylinderkolben auf und ab. Das Motoröl sammelt sich in den eingebrannten mikroskopisch kleinen Taschen. Dadurch bleibt der Ölfilm im Motor auch unter extremen Belastungen stabil, etwa bei einer langen Autobahnfahrt mit konstant hohem Tempo. Die Kolbenringe, die Gleitflächen der Zylinderkolben, „schwimmen” auf dem Ölfilm wie ein Reifen bei Aquaplaning auf der Straße. Das vermindert die Reibung. „Allein dadurch sinkt der Kraftstoffverbrauch um mehrere Prozent”, betont Tobias Abeln, Abteilungsleiter Lasertechnologie des Honmaschinen-Herstellers Gehring in Ostfildern bei Stuttgart. „Der Bedarf an Schmieröl verringert sich sogar um bis zu 85 Prozent.” In manchen Dieselmotoren kommt das Verfahren seit 2002 zum Einsatz, und künftig soll es auch Benzinmotoren sparsamer machen.
Ebenfalls mit Reibung zu tun hat eine neuartige Silan-Verbindung, die der Düsseldorfer Chemiekonzern Degussa entwickelt hat. In den Gummi von Autoreifen gemischt sorgt die Chemikalie aus Silizium und Wasserstoff dafür, dass sich die Polymermoleküle und Füllstoffpartikel in der Lauffläche des Reifens effektiver miteinander verbinden. Das senkt den Rollwiderstand der Pneus – und damit den Spritverbrauch – je nach Reifenart um drei bis acht Prozent.
Der hohe Rohölpreis schreckt nicht nur Autofahrer – auch das Heizen wird drastisch teurer. Daher arbeiten Forscher verstärkt daran, den Energiebedarf in Gebäuden zu verringern – zum Beispiel durch eine bessere Isolierung, die Wärmeverluste senkt. So haben Forscher des Chemiekonzerns BASF in Ludwigshafen gemeinsam mit Wissenschaftlern des Straßburger Institut de Science et d’I ngénierie Supramoléculaires (ISIS) neuartige isolierende Nano-Schäume entwickelt, die Innenräume effektiv vor einem Wärmeverlust schützen. Der Clou bei diesen Materialien sind viele extrem kleine Hohlräume in ihrem Inneren.
Während die Poren im bislang meist als Dämmstoff verwendeten Styropor einen Durchmesser von rund 100 Mikrometern haben, sind sie in dem neuartigen Material nur ein Tausendstel so groß: etwa 100 Nanometer. „Der Porendurchmesser ist kleiner als die mittlere freie Weglänge der Gasteilchen”, erklärt Gruppenleiter Volker Schädler, der für die BASF am ISIS in Straßburg forscht. Das bedeutet: Die Poren sind so winzig, dass die Gasteilchen darin kaum aufeinander treffen, sondern fast nur mit den Porenwänden kollidieren. Anders als bei Stößen mit anderen Gasteilchen geben sie dabei fast keine Energie ab. „Das hat zur Folge, dass die Wärmeleitfähigkeit des Gases in den Poren extrem schlecht ist”, erklärt Schädler. Der Wärmeverlust wird durch den Nano-Dämmstoff fast auf Null gesenkt.
Was die Forscher noch zu meistern haben, ist die Anforderung, eine sehr große Zahl von Nano-Poren im Schaum zu erzeugen – denn nur so lässt sich eine gute Isolation des Gebäudes erreichen. Das wollen Schädler und sein Team mithilfe von Selbstorganisation der Polymere erreichen. Die Idee dahinter: Die Kettenmoleküle in dem Dämmstoff ordnen sich ohne äußeres Zutun so an, dass zahlreiche der winzigen Poren von alleine entstehen. Die Triebkraft dafür sind schwache Kräfte zwischen den Bestandteilen der Kettenmoleküle. Bei der Herstellung der bislang gebräuchlichen Isolierschäume muss man dagegen ein Treibgas einsetzen, damit sich Blasen bilden.
Stephan Kohler, Geschäftsführer der Deutschen Energie-Agentur (DENA) in Berlin, sieht beim Beheizen von Gebäuden die größten Einsparmöglichkeiten für Erdöl. „Mit den heute verfügbaren Technologien könnte man den Heizölverbrauch dort insgesamt um 60 bis 70 Prozent drosseln”, sagt Kohler, „40 Prozent davon ließen sich sogar ohne zusätzliche Kosten erreichen.” Der Löwenanteil dieser möglichen Ersparnis beim Heizenergieverbrauch entfällt auf die Dämmung von Außenwänden, Kellerräumen und Fenstern sowie auf die Nutzung von modernen Heizungsanlagen wie Brennwertkesseln, eventuell kombiniert mit Wärmepumpen oder Solarkollektoren. Zusätzlich kann eine kontrollierte Wohnungslüftung, bei der ein Großteil der Wärme in der Abluft zurückgewonnen wird, den Energieverbrauch für Heizung und Warmwasserbereitung senken.
Wie stark man den Ölverbrauch in Wohnhäusern reduzieren kann, zeigt das 3-Liter-Haus der BASF in Ludwigshafen: Durch ein ausgeklügeltes Konzept, das unter anderem auf neuartigen Isoliermaterialien und einer kontrollierten Lüftung mit integriertem Wärmetauscher basiert, braucht man in diesem Gebäude zum Heizen umgerechnet höchstens drei Liter Heizöl pro Quadratmeter und Jahr. Zum Vergleich: Die Heizungen von nicht sanierten Altbauten schlucken im Schnitt rund 20 bis 25 Liter pro Quadratmeter und Jahr. Dort ließen sich durch eine gründliche Modernisierung der Gebäude über 80 Prozent an Heizenergie sparen. Doch dieses Potenzial wird kaum genutzt: Zwar werden jährlich etwa 600 000 Wohneinheiten in Deutschland saniert – doch nur ein Drittel davon im Hinblick auf eine Senkung des Energieverbrauchs.
Auch im Autoverkehr lassen sich große Mengen an Öl sparen – immerhin fließt fast die Hälfte des Mineralöls als Benzin oder Dieselkraftstoff in die Tanks. Um den Spritverbrauch zu drosseln, setzen die Automobilhersteller derzeit vor allem auf eine Verkleinerung des Hubraums – im Fachjargon „Downsizing” genannt – sowie auf optimierte Getriebe. „Mit dem neuen, doppelt aufgeladenen TSI-Aggregat im Golf GT haben wir gezeigt, dass eine Senkung des Verbrauchs um rund zehn Prozent möglich ist – und das bei gleichzeitig deutlich verbesserten Fahrleistungen”, freut sich Rudolf Krebs, Chef der Aggregatentwicklung bei Volkswagen in Wolfsburg. In dem so genannten Twin-Charger-Motor wird ein Abgasturbolader durch einen mechanischen Kompressor zur Benzineinspritzung ergänzt – und der Motor dadurch doppelt aufgeladen. Je nach Fahrsituation können die beiden unterschiedlichen Aggregate ihre Vorteile ausspielen: Bei niedrigen Drehzahlen sorgt der mechanische Lader für eine zusätzliche Luftzufuhr im Motor – und verringert dadurch den Kraftstoffverbrauch. Bei höherer Drehzahl wird der Kompressor außer Betrieb gesetzt, und stattdessen kommt der Turbolader zum Einsatz.
Krebs ist optimistisch: „Wir gehen davon aus, dass wir durch eine Weiterentwicklung dieser Technologie noch deutlich mehr einsparen können.” Paul Brunner, Professor für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft an der Technischen Universität Wien und Mitglied im Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), einem Beratungsgremium der Deutschen Bundesregierung, betont: „Wenn alle technischen Möglichkeiten ausgeschöpft würden, müsste ein normales Mittelklassefahrzeug nicht mehr als vier bis fünf Liter Sprit verbrauchen.” Momentan beträgt der durchschnittliche Benzinverbrauch der Neuwagen deutscher Hersteller jedoch 6,8 Liter auf 100 Kilometer.
Woran liegt es, dass die Autos viel mehr als nötig schlucken? Sparsame Ansätze wie das 3-Liter-Auto gehen an den Wünschen der Autofahrer vorbei, ist Weert Canzler überzeugt, Mobilitätsforscher am Wissenschaftszentrum Berlin. „Die Geschichte des Automobils ist eine Geschichte permanenter Aufrüstung”, sagt er. Zwar begnügen sich moderne Motoren schon mit deutlich weniger Sprit als ihre Vorgänger, doch wünschen sich viele Autofahrer immer schnellere und stärkere statt genügsamer und kleiner Wagen – was diese Einsparung durch eine höhere PS-Zahl wieder zunichte macht. Soll der Spritbedarf langfristig sinken, müssen die Autofahrer umdenken. Doch selbst der hohe Spritpreis konnte bislang kaum etwas am Fahrverhalten ändern: Zwar ist der Verbrauch an Ottokraftstoff in den letzten Jahren leicht gesunken, doch dafür floss mehr Dieselkraftstoff durch die Zapfhähne. Das Auto stehen zu lassen und stattdessen Bus, Bahn oder Fahrrad zu benutzen, kommt für viele (noch) nicht in Frage.
Dabei kann schon eine kleine Umstellung große Wirkung haben. Das belegt etwa das Spritspartraining des ADAC. Dort lernen Autofahrer, dass sie satte 20 bis 25 Prozent an Sprit nur durch eine veränderte Fahrweise sparen können. „Gänge sollten nicht bis in den obersten Drehzahlbereich ausgefahren werden”, nennt ADAC-Sprecher Dieter Wirsich ein Beispiel. „Und natürlich sollte man vorausschauend fahren, um häufiges Bremsen und Beschleunigen zu vermeiden.” Zwei Stunden dauert ein Training für einen sparsamen Fahrstil. Vor allem große Firmen, die einen eigenen Fuhrpark besitzen, lassen ihre Mitarbeiter vom ADAC trainieren, weniger forsch aufs Gaspedal zu treten.
Das Knausern mit dem Öl – sei es beim Heizen oder beim Autofahren – ist eine Möglichkeit, die Kosten fürs Öl im Zaum zu halten. Die zweite Stellschraube, an der man drehen kann, ist die Förderung des Rohöls – um bekannte Quellen effektiver zu nutzen und neue Quellen zu erschließen. „Die Technologien zur Ölgewinnung werden ständig weiterentwickelt”, erklärt Barbara Meyer-Bukow vom Mineralölwirtschaftsverband (MWV) in Hamburg. „So ließ sich die Fördermenge des einzigen deutschen Ölfelds in der Nordsee – die Mittelplate vor der Dithmarscher Küste in Schleswig-Holstein – fast verdoppeln, indem man dort nun auch vom Land aus bohrt.” Dadurch werden Teile des Ölvorkommens erreicht, die über die auf dem Meer installierte Bohrplattform nicht zugänglich sind. Das könnte zwar auch eine zweite Plattform leisten – aber das ans Ölfeld angrenzende Wattenmeer steht unter Naturschutz, was eine Erweiterung der Förderanlagen verbietet.
Die Bohrung vom Land aus, die einen horizontalen Abstand von neun Kilometern überbrückt, lässt das Öl umweltfreundlich sprudeln. „Mit Technologien wie dieser werden auch Ölfelder nutzbar, die es sich bisher nicht anzubohren lohnte”, fasst Meyer-Bukow zusammen. Zahlen belegen das: So konnte man früher nur etwa 35 Prozent des vorhandenen Rohöls aus einem Ölfeld fördern, bevor die Quelle versiegte. Heute liegt die durchschnittliche Fördermenge bei etwa 50 Prozent. Einigen Förderstätten lassen sich mithilfe modernster Technik sogar bis zu 70 Prozent ihres Öls entlocken.
Der hohe Ölpreis zwingt die Fördergesellschaften auch dazu, sich Erdöl aus anderen Quellen als den bislang üblichen zu erschließen, beispielsweise über die Aufbereitung von Ölsanden. Solche öligen Sandschichten finden sich in riesigen Mengen in den schwer zugänglichen subarktischen Regionen im Norden Kanadas. Bei einem niedrigen Ölpreis war die Ausbeutung dieser Vorkommen unrentabel, da man sehr viel Energie aufwenden muss, um das Öl vom Sand zu trennen. „Inzwischen steckt man jedoch viel Geld in die Entwicklung der dafür nötigen Technologien”, sagt Lindenberger. Weitere bislang unerschlossene Quellen von Erdöl sind extrem dickflüssige Schwerstöle, die vor allem in Venezuela lagern, und Ölschiefer – geschichtete Sedimentgesteine, die Bitumen oder schwer flüchtige Öle enthalten.
„Die Erschließung dieser Quellen wäre jedoch nicht nur teuer, sondern auch oft mit erheblichen Umweltproblemen verbunden”, sagte Hilmar Rempel, Rohstoffexperte bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover vor einem Jahr im Interview mit bild der wissenschaft (bdw 10/2005, „Öl und Gas: Reserven gibts genug”). Um Erdöl in Ölsanden und Schwerstölen zu gewinnen, muss der Rohstoff erwärmt oder bergmännisch abgebaut und vom Sand getrennt werden. „Realistisch betrachtet, werden diese Lagerstätten zwar in Zukunft stärker ausgebeutet – doch mengenmäßig werden sie nicht das ersetzen, was an konventionellem Erdöl fehlt”, glaubt Rempel.
Um den Anstieg der Tank- und Heizkostenrechnung zu bremsen, sollten Autofahrer und Häuslebauer daher vor allem auf eine Senkung des Öl- und Spritverbrauchs setzen und alle Möglichkeiten dazu nutzen. ■
JANINE DREXLER ist promovierte Biophysikerin und freie Journalistin in München. Für bdw berichtet sie regelmäßig über Forschungstrends.
Janine Drexler
Ohne Titel
Der entscheidende Antrieb für die Entwicklung neuer Technologien bei der Förderung und Nutzung von Ölprodukten ist der hohe Rohölpreis. Der schwankte in den Jahren 2000 bis 2003 noch zwischen 20 und 30 Dollar für ein Barrel (159 Liter) OPEC-Rohöl. Seit 2005 klettert er immer wieder auf neue Spitzenwerte: Im Juli erreichte er das Rekordniveau von rund 80 Dollar. Ein gefundenes Fressen für die Medien: So titelte die Frankfurter Allgemeine bereits im Frühjahr „Ölpreis steigt auf bis zu 105 Dollar”, und die Börsen-Zeitung stellte gar die bange Frage „Bald Ölprognose von 1000 Dollar?”.
Sind solche Schlagzeilen nur Panikmache – oder wird der Ölpreis tatsächlich mit dem bisherigen Tempo weiter steigen? Beim britischen Mineralölkonzern BP hüllt man sich dazu in Schweigen: „ Der Ölpreis hängt von so vielen Faktoren ab, dass zur künftigen Entwicklung keine realistische Aussage gemacht werden kann”, heißt es in einer Verlautbarung des Unternehmens.
Stephan Kohler, Geschäftsführer der Deutschen Energie-Agentur (DENA) in Berlin, lässt sich hingegen eine Prognose entlocken: „ Unseren Schätzungen zufolge sollte sich der Ölpreis bis 2010 zwischen 50 und 70 Dollar bewegen”, prophezeit er. „Wir gehen nicht davon aus, dass der Ölpreis wieder unter 50 Dollar sinken wird.” In dieser Schätzung sind sowohl die stark wachsende Nachfrage nach Erdöl in Indien und China berücksichtigt als auch die Tatsache, dass das Maximum der Ölförderung in vielen Förderregionen – beispielsweise in der Nordsee und in den USA – bereits überschritten ist. Eine Prognose, die über das Jahr 2010 hinaus reicht, traut man sich jedoch auch bei der DENA nicht zu.
Dietmar Lindenberger, Geschäftsführer des Energiewirtschaftlichen Instituts der Universität Köln, sieht die Entwicklung positiver: „Nach unserer Auffassung beruht der momentan hohe Ölpreis auf einem Förderengpass, der aber langfristig durch steigende Investitionen in die Fördertechnik beseitigt wird.” Bis 2010 soll laut Lindenberger der Preis für Rohöl wieder bei etwa 40 Dollar pro Barrel liegen.
Die Expertenaussagen relativieren zwar die von manchen Medien gezeichneten Horrorszenarien. Aber: Auf lange Sicht wird Öl sicher nicht billiger werden – und der Verbrauch wird laut OPEC weiter steigen: in diesem Jahr gegenüber 2005 voraussichtlich um 1,9 Prozent auf im Schnitt 84,9 Millionen Barrel pro Tag. Für ein Fünftel dieses Anstiegs ist allein der wachsende Bedarf von Wirtschaft und Haushalten in China verantwortlich.
Ohne Titel
• Die Motorwärme, die bislang einfach verpufft, soll Autos künftig zusätzlichen Schub geben.
• Das größte Potenzial zum Ölsparen sehen Experten beim Heizen der Häuser.
• Erdölquellen auf See lassen sich durch eine Bohrung vom Land aus besser nutzen.
COMMUNITY Internet
Infos zum Ölfördergebiet Mittelplate: www.mittelplate.de
Statistiken vom Mineralölwirtschaftsverband: www.mwv.de/infomaterial.html
Statistical Review of World Energy 2006 von BP (auf Englisch): www.bp.com/productlanding.do? categoryid=91&contentid=7017990
Website der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: www.bgr-bund.de