Das erste Bose-Einstein-Kondensat wurde nicht im Jahre 1995, sondern bereits im Jahr 1983 von dem amerikanischen Physiker John Reppy hergestellt. Mit dieser Aussage überraschte der deutsche Nobelpreisträger Wolfgang Ketterle Zuhörer eines Vortrags anlässlich des Jahrestreffens der American Association for the Advancement of Science. Damit erkannte Ketterle als bisher prominentester Physiker die umstrittene Aussage, damals sei ein Bose-Einstein-Kondensat in supraflüssigem Helium erzeugt worden, an.
John Reppy hatte im Jahr 1983 an der Cornell-Universität in den Vereinigten Staaten die Eigenschaften von supraflüssigem Helium-4 untersucht. Obwohl in diesem alle Heliumatome denselben Grundzustand annehmen, wird Helium-4 von der Fachgemeinde nicht als ein Bose-Einstein-Kondensat im klassischen Sinne angesehen, da die Wechselwirkungen zwischen den Atomen zu stark sind. Reppy leitete daher in seinem Experiment das supraflüssige Helium zur Verringerung dieser Wechselwirkungen durch ein poröses Glas. Sein Team gab daraufhin in einer umstrittenen Arbeit bekannt, das sich Helium-4 dadurch als ein wahres Bose-Einstein-Kondensat durch das Glas bewegt hätte.
Die meisten Fachkollegen widersprachen der Ansicht Reppys, und so wurden im Jahre 1995 Wolfgang Ketterle, Carl Wieman und Eric Cornell für die Erzeugung der ersten Bose-Einstein-Kondensate gefeiert und sechs Jahre später mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.
Viele Forscherkollegen sind daher über die Unterstützung Ketterles für Reppys Anspruch, als erster ein Bose-Einstein-Kondensat erzeugt zu haben, erstaunt. “Ketterle ist großherzig, und Reppy macht viel Lärm” ? so Eric Wieman.
Wenn Atomkerne mit ganzzahligem Spin (sogenannte Bosonen) auf eine Temperatur in der Nähe des absoluten Nullpunkts abgekühlt werden, so nehmen sie alle denselben quantenmechanischen Zustand an. Sie sind daher mit einer einzigen, “makroskopischen” Wellenfunktion beschreibbar und weisen eine Vielzahl von interessanten physikalischen Eigenschaften auf.
Stefan Maier