Grüner Strom lohnt sich – doch er hat seinen Preis. Wie lässt sich das Netz für die neuen Herausforderungen fit machen, die Solar- und Windstrom mit sich bringen? Und drohen uns möglicherweise vermehrte Blackouts im Zuge der Energiewende? Diesen Fragen widmet sich bild der wissenschaft in der Mai-Ausgabe.
Sie sind gefährlich oder klimaschädigend – doch aus Sicht der Stromversorgung sind Kraftwerke, die Energie aus fossilen Brennstoffen oder der Atomspaltung gewinnen, recht praktisch: Man kann sie in der Nähe der Verbrauchsschwerpunkte bauen und sie gewährleisteten eine kontinuierliche Stromversorgung, die sich dem Bedarf anpassen lässt. Die Energiebereitstellung durch alternative Stromquellen steigt und fällt hingegen beispielsweise mit der Licht- beziehungsweise Windstärke. Die Windkraftanlagen befinden sich zudem meist im Norden Deutschlands – die energiehungrigen Ballungszentren liegen hingegen im Süden und Westen. Somit ist klar: Für die Energiewende ist ein Ausbau des Stromnetzes erforderlich sowie eine bessere Regulierung der Belastungen.
Im ersten Artikel des dreiteiligen Titelthemas wirft der bdw-Autor Jan Oliver Löfken einen Blick auf die technischen Möglichkeiten, die bei der Umstellung des deutschen Stromnetzes hilfreich sein könnten. Ein wichtiges Ziel ist es demnach, die Potenziale des bestehenden Netzes so gut wie möglich auszunutzen, um den Baubedarf an neuen Stromtrassen in unserer Landschaft einzuschränken. Ein wichtiger Aspekt ist es dabei, Überlastungen der Leitungssysteme zu vermeiden. Trickreiche Technik könnte eine entsprechend optimierte Nutzung ermöglichen, geht aus dem Artikel hervor.
Clevere Technik für die Netzbalance
Löfken berichtet unter anderem über „Netzbooster“: Diese Anlagen könnten als Ausgleichspuffer dienen, um die Verfügbarkeit von norddeutschem Windstrom bis in den Süden zu verbessern. Ein weiterer interessanter Ansatz ist das „Freileitungsmonitoring“. Dabei nutzen die Netzbetreiber Wetterdaten und Temperaturmessungen, um möglichst viel Strom durch die bestehenden Leitungen zu schicken, ohne dass sie dabei überhitzen. Außerdem berichtet der Autor über die Potenziale von moderneren Leiterkabeln sowie der Optimierung der Technik in den Umspannwerken. Das Fazit lautet: Deutschland hat die Chance, sich zu einem Musterland für die anspruchsvolle Integration der Erneuerbaren in das Stromnetz zu mausern.
Im zweiten Teil des Titelthemas, stehen zwei spezielle Ansätze im Fokus, die zu einer höheren Effizienz und Verlustvermeidung bei der Leitung von Strom führen könnten: Forscher loten derzeit das Potenzial von supraleitenden Kabeln und Gleichstrom statt Wechselstrom aus. Löfken berichtet im Artikel „Ohne Widerstand und Wechsel“ über ein Projekt in Essen. Seit fast fünf Jahren verknüpft dort ein etwa ein Kilometer langes Supraleiterkabel im Untergrund zwei Umspannanlagen. Das durch flüssigen Stickstoff gekühlte Leitungssystem kann fünf bis zehnmal so viel Strom leiten wie ein konventionelles Kabel gleicher Größe. Weitere Anlagen dieser Art sind geplant. Doch nicht nur solche modernen Konzepte könnten die Stromnetze offenbar optimieren: Die Umstellung von Wechsel- auf Gleichstrom bietet wegen geringerer Übertragungsverluste und einfacherer Regelungstechnik ebenfalls Potenzial, verdeutlicht der Artikel.
Abgerundet wird das Titelthema von einem Blick auf die Frage, inwieweit der Preis der Energiewende vermehrte Stromausfälle sein könnten. Wie der bdw-Technikexperte Ralf Butscher schreibt, haben die bisherigen Umstrukturierungen noch nicht zu mehr Ausfällen geführt. Dennoch zeichnet sich aber durch die zunehmende Komplexität des Systems erhöhtes Risikopotenzial für Blackouts ab. Wie Butscher verdeutlicht, lässt sich das Risiko aber durch kluge technischen Maßnahmen eindämmen. Mit der Digitalisierung und Vernetzung der Infrastrukturen werden die Systeme allerdings auch anfälliger gegenüber Cyber-Attacken, geht aus dem Artikel „Risiko Blackout“ hervor.
Das Titelthema „Unser täglich Strom“ finden Sie in der Mai-Ausgabe von bild der wissenschaft, die ab dem 21. April im Handel erhältlich ist.