Sogar ein Gewächshausdach könnte rentabel Strom liefern, verdeutlicht eine Studie: Salat gedeiht demnach auch problemlos in dem „gefilterten“ Licht, das durch organische Solarzellen scheint. Da sie nur einen für Pflanzen unwichtigen Frequenzbereich nutzen, geht die Stromerzeugung nicht zulasten von Ertrag und Qualität, geht aus Experimenten hervor. Dies verdeutlicht das Potenzial der Technik für den Einsatz im energiebedürftigen Gewächshausanbau, sagen die Forscher.
Wer an Solarzellen denkt, hat meist die Versionen im Sinn, bei denen die lichtabsorbierende Schicht aus undurchsichtigem Silizium besteht. Diese Module eignen sich natürlich nicht für eine Installation auf Gewächshausdächern. Denn sie würden die darunterliegende Anbaufläche verdunkeln und damit den Pflanzen das Licht für die Photosynthese rauben. Doch es gibt bereits eine alternative Solartechnologie, die dieses Problem umgehen könnte: Bei den organischen Solarzellen bilden Gemische aus kohlenstoffhaltigen Kunststoffen die lichtabsorbierende Schicht. Das flexible Material kann semi-transparent gestaltet werden – dabei fängt es nur bestimmte Wellenlängen zur Energieerzeugung ein und lässt den Rest passieren.
Solarzellen der besonderen Art
Im Hinblick auf den Einsatz dieser Technik an Gewächhausoberflächen macht sich ein Forscherteam der North Carolina State University in Raleigh den Aspekt zunutze, dass Pflanzen nicht das gesamte Lichtspektrum für die Photosynthese verwenden: Die „pflanzlichen Solarzellen“ benötigen für die Energieerzeugung beispielsweise kaum die grünen Frequenzbereiche. Bei ihren bisherigen Untersuchungen konzentrierten sich die Forscher vor allem darauf, wie viel Energie Gewächshäuser mit „pflanzenfreundlichen“ Transparent-Solarzellen produzieren könnten. So verdeutlichten sie: Obwohl die Energieausbeute im Vergleich zu herkömmlichen Solarzellen gering ist, könnten organische Solarzellen viele Gewächshäuser energieneutral machen – oder sogar Strom ins Netz speisen. Bislang blieb aber unklar, wie sich diese halbtransparenten Solarzellen auf das Wachstum von Gewächshauspflanzen auswirken. Denn es erschien möglich, dass auch die vermeintlich unwichtigen Lichtfrequenzen dafür eine gewisse Bedeutung besitzen.
Um dieser Frage nachzugehen, untersuchten die Forscher die Effekte unterschiedlichen „Filterlichts“ auf die Entwicklung von rot-blättrigem Salat (Lactuca sativa). Alle Versuchspflanzen setzten sie dazu in Versuchskammern der gleichen Temperatur, Wasserversorgung und Düngung aus – variiert wurde nur das Licht. Die Kontrollgruppe bekam dabei das volle Lichtspektrum ab. Die anderen Salate wurden in drei Versuchsgruppen eingeteilt: Sie wurden Licht ausgesetzt, das durch verschiedene Arten von Filtern schien, die analog zu den halbtransparenten Solarzellen bestimmte Wellenlängen absorbierten. Es handelte sich dabei um Frequenzbereiche, die zumindest theoretisch für die Pflanzen nicht wichtig erschienen und sich somit für die Entwicklung von organischen Gewächshaus-Solarzellen eignen könnten. Nach der Entwicklung vom Samen bis zur Reife wurden alle Versuchspflanzen verschiedenen Analysen unterzogen.
Keine Ertragseinbußen
“Wir waren sogar ein wenig überrascht darüber, dass wir keine signifikanten Beeinträchtigungen feststellten”, sagt Co-Autor Heike Sederoff. Demnach wirkte sich das Entfernen der Wellenlängen nicht auf die Merkmale aus, die für Anbauer, Lebensmittelhändler und Verbraucher wichtig sind, darunter die Anzahl der Blätter, die Blattgröße und das Gewicht der Salatköpfe. Die Pflanzen waren zudem genauso gesund wie die Kontrollen und auch die Gehalte an den ernährungsrelevanten Antioxidantien im Salat blieben unverändert, zeigten die Analysen. “Wir planen nun, uns noch genauer mit der Art und Weise zu befassen, wie verschiedene Wellenlängen des Lichts die biologischen Prozesse bei Salaten, Tomaten und anderen Gewächshauspflanzen beeinflussen”, sagt Sederoff.
Doch die aktuellen Ergebnisse sind bereits vielversprechend: “Wir haben nicht nur keinen signifikanten Unterschied zwischen den Kontrollen und den experimentellen Gruppen gefunden, sondern auch keinen wichtigen Unterschied zwischen den verschiedenen Filtern”, sagt Co-Autor Brendan O’Connor. Dies könnte wiederum Spielraum beim Design der Solarzellen ermöglichen, sagen die Wissenschaftler. “Das sind gute Aussichten für die Zukunft solarbetriebener Gewächshäuser”, sagt Co-Autor Harald Ade. “Anbauer dazu zu bringen, diese Technologie zu nutzen, wäre schwierig, wenn es einen Produktivitätsverlust gäbe. Aber wie sich zeigt, gilt es nur abzuwägen, ob die Investition in die neue Gewächshaustechnologie durch die Energieproduktion und -einsparung ausgeglichen werden kann”.
Dazu sagt O’Connor abschließend: “Basierend auf der Anzahl der Interessenten, die mich wegen solarbetriebener Gewächshäuser kontaktiert haben, als wir frühere Arbeiten in diesem Bereich veröffentlicht haben, gibt es eine große Nachfrage bei Anbauern. Wir haben nun genug Proof-of-Concept-Prototypen für die Solarzellen, die verdeutlichen, dass diese Technologie prinzipiell machbar ist. Jetzt geht es darum, ein Unternehmen zu finden, das das Potenzial erkennt und mit der Produktion in großem Maßstab beginnt”, so der Wissenschaftler.
Quelle: North Carolina State University, Fachartikel: Cell Reports Physical Science, doi: 10.1016/j.xcrp.2021.100381