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Galoppierende Soft-Roboter

Technik|Digitales

Galoppierende Soft-Roboter
Inspiriert von der Biomechanik der Geparden haben Forscher eine neue Art von Soft-Robotern entwickelt, die sich schneller bewegen können als frühere Modelle. (Bild: Jie Yin, NC State University)

Forscher sorgen für neue Geschwindigkeitsrekorde bei Soft-Robotern: Sie haben ein neues Antriebssystem entwickelt, das die gespeicherte Energie einer Feder nutzt. Ausgelöst durch den Druck „pneumatischer Muskeln“ lässt die gespannte Feder ein Antriebselement blitzartig von einer Stellung in eine anderen schnappen. Dadurch kann es Soft-Roboter in Galopp versetzen oder aquatischen Versionen einen kraftvollen Flossenschlag verschaffen.

Weich und flexibel statt hart und steif – Soft-Roboter ermöglichen Anwendungen, die herkömmliche Systeme mit ihren starren Strukturen nicht bieten: Sie können beispielsweise mit sehr empfindlichen Objekten umgehen, sich flexibel in komplexen Umgebungen bewegen oder durch enge Öffnungen quetschen. Sie haben dadurch Potenzial bei der Entwicklung von Rettungsrobotern oder Anwendungen in der Industrie. Verschiedene Forschergruppen beschäftigen sich deshalb mit der Entwicklung immer leistungsfähigerer “Softbot”-Konzepte.

Die bisherigen Systeme der Soft-Robotik basieren in der Regel auf weichen Kunststoffmaterialien, die durch pneumatische oder hydraulische Effekte bewegt werden: Durch Druckveränderungen in den künstlichen Muskeln der Soft-Roboter entstehen Formveränderungen, die auch für Antrieb sorgen können. Doch bisher sind die Techno-Wesen recht langsam und träge, denn ihre weichen Körper und die langsamen Reaktionszeiten der Drucksysteme begrenzen die Fortbewegungsleistung. Der Entwicklung von entsprechenden Verbesserungsmöglichkeiten widmen sich die Forscher um Jie Yin von der North Carolina State University in Raleigh.

Vorbild Gepard

„Wir haben uns bei unserer Arbeit von den Geparden inspirieren lassen“, sagt Yin. “Diese schnellsten aller Landlebewesen entwickeln ihre Geschwindigkeit und Kraft durch Biegebewegungen ihres Rückens beim Rennen”, sagt Yin. Prinzipiell lassen sich ähnliche Bewegungsabläufe auch durch herkömmliche Soft-Roboter-Konzepte erreichen. Doch sie sind nicht schnell und kraftvoll genug, um für Schnelligkeit zu sorgen. “Frühere Soft-Roboter bewegten sich wie Raupen, die immer in Kontakt mit dem Boden bleiben”, sagt Yin.

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Er und seine Kollegen haben nun ein Bauelement entwickelt, das in einem Soft-Roboter wie ein kraftvoller, biegsamer Rücken wirken kann. Das System besteht aus einer gespannten Feder und einem Gelenk, die gemeinsam ein bistabiles Element ergeben. Bistabil bedeutet, dass es zwei mögliche stabile Zustände einnehmen kann, die sich über einen äußeren Impuls wechseln lassen. Mit anderen Worten: Das Element kann zum Schnappen gebracht werden. “Wir können schnell zwischen diesen Zuständen wechseln, indem wir Luft in Kanäle pumpen, die den weichen Silikonroboter auskleiden”, erklärt Yin. Konkret bedeutet das: Der Druck der „pneumatischen Muskeln“ schiebt das bewegliche Element über seinen Schnapp-Punkt, danach sorgt dann die gespannte Feder für die rasante Bewegung, die zum zweiten stabilen Zustand führt. Das Umschalten zwischen den beiden Zuständen setzt dadurch schnell viel Energie frei, sodass der Roboter schlagartig Kraft ausüben kann.

Neue Rekordgeschwindigkeiten in der Soft-Robotik

Dieses System nennen die Forscher “Leveraging Elastic instabilities for Amplified Performance” (LEAP). Zu Demonstrationszwecken haben sie es in einen Soft-Roboter mit vier Füßen integriert. Der Mechanismus ermöglicht es dem Prototyp, über Oberflächen zu galoppieren – das bedeutet, dass seine Füße den Boden verlassen. Der Bewegungsablauf wirkt zwar nicht so elegant wie beim Geparden, aber das Prinzip ist ähnlich. So hoppelt der Roboter mit einer Geschwindigkeit von bis zu 2,7 Körperlängen pro Sekunde vorwärts – mehr als dreimal so schnell wie bisherige Systeme. Die sieben Zentimeter langen und 45 Gramm schweren LEAP-Roboter sind dadurch auch in der Lage, steile Steigungen hinaufzulaufen, zeigen Tests.

Auch schwimmende Soft-Roboter lassen sich offenbar durch das Konzept beschleunigen: Die Wissenschaftler haben LEAP-Roboter gebaut, bei denen das Schnapp-System eine Flosse antreibt. Sie erreichen dadurch eine Schwimm-Geschwindigkeit von 0,78 Körperlängen pro Sekunde. Damit schlagen sie nun auch die bisher schnellsten aquatischen Soft-Roboter, sagen die Wissenschaftler. Sie konnten außerdem demonstrierten, dass man zwei LEAP-Elemente wie eine Zange zum Greifen von Objekten kombinieren kann. Das Besondere: Sie lassen sich flexibel auf die Anforderungen einstellen: “Durch die Einstellung der ausgeübten Kräfte waren wir in der Lage, Objekte zu heben, die so zerbrechlich sind wie ein Ei. Die Elemente können aber auch Gegenstände mit einem Gewicht von zehn Kilogramm oder mehr anheben”, sagt Yin.

Wie er und seine Kollegen betonen, handelt es sich bei ihren bisherigen Designs um Prototypen, die das Potenzial des Konzepts verdeutlichen sollen. Momentan arbeiten sie nun daran, die Konstruktionen noch schneller und leistungsfähiger zu machen. “Zu den potenziellen Anwendungsgebieten gehören Such- und Rettungstechnologien, bei denen es auf Schnelligkeit ankommt, und die Robotik in der industriellen Fertigung”, sagt Yin.

Quelle: North Carolina State University, Fachartikel: Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.aaz6912

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