Weiß macht bekanntlich am wenigsten heiß – andere Farben absorbieren hingegen Licht und führen zur Erwärmung von Objekten. Um dieses Problem zu umgehen, haben sich Forscher nun vom Farb-Konzept der Flügel des Morphofalters inspirieren lassen. Die speziellen optischen Eigenschaften ihrer Folie können brillante Farbkraft hervorbringen und dennoch für einen passiven Kühleffekt sorgen. Das Konzept könnte somit bunte Fassaden oder Autos ermöglichen, ohne den Kühlaufwand zu steigern, sagen die Entwickler.
Wenn die Sommersonne vom Himmel brennt, ist bekanntlich Kühlung gefragt: Abschattungen, Ventilatoren oder Klimaanlagen müssen Objekte und Menschen vor Überhitzung schützen. Dabei ist der Aufwand oft hoch und Kühlsysteme verbrauchen viel Energie und Ressourcen. Um den Bedarf einzuschränken, sollten Oberflächen deshalb von vornherein möglichst so konzipiert sein, dass sie sich wenig erwärmen. Dabei hat sich bekanntlich die Farbe Weiß bewährt. Denn sie basiert auf einer breiten Reflexion des Lichtspektrums, wodurch eine Erwärmung von Oberflächen eingeschränkt wird. Bei bunten Farben ist das leider nicht der Fall: Wenn traditionelle Pigmentfarben beispielsweise Blau erzeugen, werden nur die entsprechenden Wellenlängen abgestrahlt – andere hingegen absorbiert, wodurch es zur Erwärmung kommt.
Vorbild Morphofalter
Um das Problem zu umgehen, hat das chinesische Forscherteam um Guo Ping Wang von der Universität Shenzhen nun das Potenzial einer anderen Form der Farberzeugung in der Natur ausgelotet. Statt durch Pigmente und die Absorption bestimmter Wellenlängen basieren Strukturfarben auf der optischen Beeinflussung des Lichts durch feine Oberflächenstrukturen. Das Konzept wurde schon für effektive passive Wärmemanagementstrategien genutzt. Doch dabei blieb es meist bei der Farbe Weiß. „Eine Strategie zur Abkühlung farbiger Objekte bei gleichzeitiger Erhaltung hervorragender Farbeigenschaften mit hoher Sättigung und aus vielen Blickwinkeln stellt nach wie vor eine große Herausforderung dar“, schreiben die Forscher.
Bei ihrer neuen Entwicklung haben sie sich nun an den Strukturen der Flügel eines besonders satt-blauen Schmetterlings orientiert. Beim Morphofalter führen spezielle Nanostrukturen der Schuppen-besetzten Flügel zu dieser Farbe, die auch aus verschieden Betrachtungswinkeln kräftig erscheint. Dem Team gelang es nun, dieses Konzept künstlich nachzuahmen. Sie setzten es dabei in die Form einer bio-inspirierten Folie aus Schichtstrukturen um. Zuoberst liegen dabei mehrere Schichten aus Titandioxid- und Aluminiumdioxid-Material. Darauf folgt eine Lage aus strukturiertem Glas mit speziellen optischen Eigenschaften. Zuunterst wird die Folie von einer hauchdünnen Silberschicht abgeschlossen. Sie sorgt für eine grundlegende Reflexion und damit eine stark eingeschränkte Lichtabsorption.
Wie die Forscher erklären, wird die Farbe der Folie dadurch bestimmt, wie die Titandioxid- und Aluminiumdioxid-Schichten und die strukturierte Glas-Lage auf einfallendes Licht reagieren. Durch leichte Anpassungen des Systems lassen sich ihnen zufolge dabei auch verschiedene Farben erzeugen. Um Blau – ähnlich wie beim Vorbild des Morphofaltes – hervorzubringen, sind das mehrschichtige Titandioxid und Aluminiumdioxid-Material so angeordnet, dass sie gelbes Licht in einem sehr engen Winkelbereich reflektieren. Die Glasstrukturen streuen hingegen die blauen Lichtanteile über einen weiten Bereich. Unterm Strich ergibt sich dadurch ein sattes Blau, erklärt das Team.
Erfolgreich cool geblieben
„Dank der von uns entwickelten Schichtstruktur konnten wir die passive Kühlmethode von farblosen Objekten auf farbige Objekte erweitern und gleichzeitig Farbkraft gewährleisten”, resümiert Wang. „Mit anderen Worten: Unsere blaue Folie sieht aus einem großen Betrachtungswinkelbereich blau aus und erwärmt sich kaum, da sie das gesamte Licht reflektiert. Darüber hinaus konnten wir durch das Design der Strukturen eine hohe Sättigung und Helligkeit erreichen“, sagt der Wissenschaftler.
Um den Wärmeschutz-Effekt der Technologie zu dokumentieren, erstellten die Forscher verschiedenfarbige Folien, die sie im Freien auf Oberflächen wie Dächern, Autos, Stoffen und Mobiltelefonen platzierten. Mithilfe von Thermoelementsensoren und Infrarotkameras zur Temperaturmessung konnten sie dabei belegen, dass sich die Beschichtungen deutlich weniger aufheizten als Vergleichsmaterialien und dadurch auch Objekte vor Erwärmung bewahren konnten. Beispielsweise zeigte sich, dass die blaue Version der Folie im Sonnenschein etwa 26 Grad Celsius kühler blieb als herkömmlichem blauen Autolack.
„In Gebäuden werden große Energiemengen für Kühlung und Belüftung verbraucht und der Betrieb der Klimaanlage in Elektroautos kann die Reichweite erheblich reduzieren. Unsere Kühlfolien könnten somit zukünftig dazu beitragen, die Energienachhaltigkeit und CO2-Neutralität voranzutreiben“, sagt Wang. Diesem Ziel wollen er und sein Team sich nun durch weitere Optimierungen ihres Systems widmen. So könnte beispielsweise der Ersatz des Silbers durch Aluminium Kosten sparen und auch die mechanischen Eigenschaften ihres “coolen” Materials wollen die Forscher nun weiter verbessern.
Quelle: Optica, Fachartikel: Optica, doi: 10.1364/OPTICA.487561