Einen Schritt weiter gekommen sind nun Bozhi Tian von der Harvard University und seine Kollegen: Sie haben ein gitterartiges Netzwerk von Siliziumdrähten mit einem Durchmesser von 80 Nanometern aufgebaut. Dieses Netzwerk war sehr locker, damit die Wissenschaftler Zellen sozusagen hineinsäen konnten. Aus diesen wuchsen dann anschließend Zellkulturen im 3D-Format. Als Ausgangsmaterial verwendeten die Forscher kultivierte Herz- und Nervenzellen. Durch das Netzwerk konnten die Forscher elektrische Signale, die von den Zellen ausgingen, erfassen und Veränderungen dieser Signale messen. Außerdem gelang es ihnen mit dieser Methode, Blutgefäße mit einem elektronischen Netzwerk zu erzeugen, mit dem der pH-Wert innerhalb und außerhalb des Gefäßes gemessen werden konnte.
Erstmals wurde durch diese Methode, Technik ins Gewebe zu integrieren, weder die Lebensfähigkeit noch die Aktivität der Zellen beeinflusst. ?Mit dieser neuen Technologie können wir zum ersten Mal auf gleicher Ebene mit dem biologischen System arbeiten, ohne es zu stören. Letztlich haben wir dadurch die Möglichkeit, Gewebe und Elektronik auf eine Art zu vereinen, in der es schwierig ist, zu bestimmen, wo das Gewebe aufhört und die Technologie beginnt?, resümiert Lieber. Anwendung sieht der Wissenschaftler für das Cyborg-Gewebe zunächst im Bereich der Pharmaindustrie. Damit könnten Forscher genau untersuchen, wie ein neues Medikament in der Zelle und dem Gewebe wirkt. Es sei auch denkbar, dass bei bestimmten Patienten auf diese Weise Veränderungen im Körper beobachtet werden und automatisierte Systeme dann direkt darauf reagiert können, zum Beispiel mit elektrischen Reizen oder der Gabe der benötigten Medikamente.